Verkehr und Infrastruktur

Bahnhof Grüze

St. Gallerstrasse 143

Der Bahnhof wurde im Jahr 1855 erbaut, und erstmals am 14. Oktober des gleichen Jahres fahrplanmässig von der sankt Gallisch-Appenzellischen Eisenbahn für die Strecke Winterthur-Wil benutzt. Im Jahr 1875 wurde die Tösstalbahn (TTB) eröffnet, die zunächst mangels Erlaubnis, in den Winterthurer Hauptbahnhof zu fahren, vom Bahnhof Grüze bis Bauma fuhr.


Baujahr
1855


Adresse
Bahnhof Grüze
St. Gallerstrasse 143
8404 Winterthur
um 1900: Station Grüze, mit Zugskomposition nach St. Gallen Foto: winbib, Urheberschaft unbekannt (Signatur 041991)

Der Bahnhof Grüze wurde im Jahr 1855 erbaut und erstmals am 14. Oktober des gleichen Jahres fahrplanmässig von der Sankt Gallisch-Appenzellischen Eisenbahn für die Strecke Winterthur-Wil benutzt. Im Jahr 1875 wurde die Tösstallinie von der Tösstalbahn (TTB) eröffnet, die zunächst, mangels Erlaubnis in den Winterthurer Hauptbahnhof zu fahren, vom Bahnhof Grüze bis Bauma fuhr. Erst 1882 konnte auch die Tösstalbahn bis in den Hauptbahnhof fahren.

Schon früh suchte die Schweizerische Nationalbahn eine Bahnverbindung von Winterthur durchs Tösstal nach Uznach, um eine Verbindung zu den Vereinigten Schweizerbahnen (VSB) herzustellen. Der Winterthurer Stadtpräsident und Ständerat Johann Jakob Sulzer aber tendierte zu einer selbstständigen Tösstalbahn und war 1873, nach seinem Ausscheiden aus dem Stadtpräsidium, deren Förderer. Da die Gemeinden im Tösstal nicht das gesamte Kapital für den Bau auftreiben konnten, sprang der im Tösstal geborene, in Mailand als Industriekaufmann tätige Johannes Schoch als Wohltäter ein. Dieser erkaufte sich damit auch ein grosses Mitspracherecht beim Linienverlauf und bei der Bauart sowie der Lage der von ihm finanzierten Stationen. Einige Konflikte gab es mit den Vereinigten Schweizerbahnen wegen der beidseitigen Anschlüsse der Tösstalbahn. In Winterthur war dies die Mitbenützung der VSB-Strecke von Winterthur bis nach Grüze und in Wald der Anschluss an die selbstständig gegründete Wald-Rüti-Bahn, die ebenfalls von den VSB betrieben wurde. Aber durch den Einfluss von Johannes Schoch und seine finanzielle Förderung konnte eine halbwegs zufrieden stellende Einigung erzielt werden. Die Strecke Grüze–Bauma wurde am 4. Mai 1875, und ihre Fortsetzung nach Wald am 15. Oktober 1876 eröffnet.

Zwischen Grüze und dem Winterthurer Hauptbahnhof musste die TTB bis zur Fertigstellung ihres eigenen Gleises 1882, dasjenige der VSB benützen. Am 10. Juni 1918 wurde die Tösstalbahn, zusammen mit der Wald-Rüti-Bahn, als eine der letzten Privatbahnen rückwirkend auf den 1. Januar verstaatlicht und ging an die SBB über. Wegen der starken Steigung von 32‰ zwischen Wald und Gibswil wird dieser Abschnitt auch heute noch "kleiner Gotthard“ " genannt. Seit der Einführung der S-Bahn Zürich 1990 hält stündlich je eine S12 Richtung Seen und Richtung Winterthur-Zürich im Bahnhof Grüze. Seit November 2002 ist Grüze ein Selbstbedienungsbahnhof und das Stellwerk wird automatisch ferngesteuert.

Der Bahnhof ist seit dem Bau der Tösstalbahn ein Trennungsbahnhof und bildet die Abzweigung der vom Hauptbahnhof kommenden Linien nach Wil und in das Tösstal. Die Gleise 4-7 sind hierbei mit Bahnsteigen versehen, je zwei Gleise in jede Richtung. Die übrigen bahnsteiglosen Gleise befinden sich bis auf ein Abstellgleis auf der Seite der Tösstallinie und werden für den Güterverkehr genutzt. Da der Bahnhof inmitten des gleichnamigen Industriegebietes liegt, wurde früher an diesem Bahnhof viel Güterumschlag betrieben. Die 1955 gebauten Perrondächer des Bahnhofs sind in der Schweiz ein Unikat und stehen unter Denkmalschutz. Sie wurden vom SBB-Architekten Hans Hilfiker (1901-1993), der auch die berühmte Schweizer Bahnhofsuhr gestaltete, 1952 bis 1955 als Prototyp für neue Perrondächer entwickelt.

Hilfiker verband mit dieser neuen Architektur von Bahnsteig-Überdeckungen eine innovative Signaltechnik mit einer neuartigen Konstruktionsmethode. Ein grosses offenes Stahlrohr wurde als Längsträger für die Perrondächer aus Stahlbeton eingesetzt. Das 90 Meter lange Trägerrohr ruht auf nur drei Stützpfeiler, die ihrerseits nicht nur als Stützpfeiler dienen, sondern auch in den Hohlräumen die Kabelanschlüsse, die Abflussrohre, die Bahnhofsuhren, Telefonapparate, Fahrplananzeigen und Schaukästen aufnahmen. Alles wurde vorfabriziert und vor Ort in kürzester Zeit aufgebaut. Zur Serienproduktion ist es allerdings nie gekommen. Diese Perronanlage in der Grüze ist somit einmalig und steht darum unter Denkmalschutz. In der Begründung dazu wird ihre Eleganz und Funktionalität gelobt.

Besonderheit dieser Dächer ist das zentrale Tragrohr mit Plattform-Nummern an seinen Stirnseiten. Die neuen Dächer wurden jedoch nie in Serie produziert und so blieb der Bahnhof Grüze der einzige Bahnhof dieser Art in der Schweiz.

Bibliografie


Autor/In:
Heinz Bächinger
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
05.04.2023