Kunst und Kultur

Bendicht Fivian

Kunstmaler, 1940–2019

Bendicht Fivian war ein einflussreicher Maler und realisierte mehrere Kunst am Bau Projekte. In den 1960er-Jahren machte er sich in Bern als PopArt-Künstler einen Namen. Unter dem Einfluss der 68er-Bewegung vollzog er eine künstlerische Neuausrichtung und beschäftigte sich mit der gegenständlichen Malerei. Dabei rückte er alltägliche, meist übersehene oder als unschön empfundene Gegenstände und Örtlichkeiten ins Zentrum seiner Kunst. Ab 1975 bis zu seinem Tod 2019 lebte und wirkte er in Winterthur.


Sterbeort
Winterthur

Geburtsort
Bern

Geboren
12.09.1940

Gestorben
24.11.2019


Diethelm Geilinger (links) gratuliert Künstler Bendicht Fivian (rechts). Anlass unbekannt,1990er-Jahre
Foto: winbib, Hans Rudolf Keller (Signatur FotLb_008411)

Persönlicher und beruflicher Werdegang

Bendicht Fivian ist am 12. September 1940 in Aarberg im Kanton Bern geboren und aufgewachsen. Zuerst besuchte er das Lehrerseminar und unterrichtete für einige Jahre als Lehrer im Emmental und im Seeland. Danach liess er sich von 1964 bis 1968 an der Kunstgewerbeschule in Bern zum Zeichenlehrer ausbilden. Im Anschluss fand er an der F+F Schule für experimentelle Gestaltung in Zürich eine Anstellung, von der er aber wie alle anderen Dozierenden aufgrund einer internen Auseinandersetzung mit der Schulleitung zurücktrat. Von 1971 bis 1972 arbeitete er als Assistent für Gestaltung an der Architekturabteilung der ETH, auch hier waren die Zeiten unruhig, denn sein Vorgesetzter wurde entlassen und damit auch alle Assistenzstellen aufgelöst. 

Einflussreicher PopArt-Künstler in Bern

Während seiner Zeit in Bern machte er sich als PopArt-Künstler innerhalb der lokalen Kunstszene bald einen Namen und schloss sich unter anderem mit den Künstlern Franz Gertsch, Rolf Iseli und Markus Raetz zur Gruppe «Bern 66» zusammen. 1966 erhielt er das  eidgenössische Kunststipendium und jenes der Louise Aeschlimann Foundation. Zuerst fertigte der Künstler Aluminium- und Chromstahlplastiken an, die er oft zu zylindrischen Formen zusammenbog. Danach wandte er sich dem Spritzverfahren und Nylon als Ausgangsstoff zu. Er schuf Bildkästen mit übereinandergeschichtete Nylonstoffen, auf die er mittels des Siebdruckverfahrens Portraits von berühmten Persönlichkeiten aus Film, Politik und Musik oder Alltagsszenen darstellte. Fivian arbeitete gezielt mit Wiederholungen und hatte auch einen Hang zum Skurrilen. Er stellte in Bern, Biel, Amsterdam, New York und 1968 auch erstmals im Kunsthaus Zürich aus.

Die 68-Bewegung übte einen starken Einfluss auf den jungen Künstler aus und politisierte ihn. Gleichzeitig löste sie aber auch eine tiefe Schaffenskrise bei ihm aus. Fivian überdachte sein eigenes Schaffen, malte nur noch selten und zerstörte gar einen grossen Teil seines Frühwerks.

Neustart in Winterthur

1975 zog Bendicht nach Winterthur. 1980 eröffnete er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Renate Bodmer eine Ateliergemeinschaft in Töss.  Seine Kunst erfuhr aufgrund seiner politischen Prägung und Aktivitäten eine neue Färbung. Auch wenn er dem Gegenständlichen verbunden blieb, wurden nun völlig andere Themen für ihn wichtig, vor allem das Unmittelbare und Flüchtige sowie Räumlichkeit. Ebenfalls stand er für die Freiheit des Individuums und beäugte den Druck zur Anpassung kritisch. So begann er sich intensiv mit Motiven zu beschäftigen, die unspektakulär waren oder gar als Unorte wahrgenommen wurden, wie beispielsweise Bunker, Betonelemente, Kiesgruben oder Abfalldeponien, aber auch Kartonschachteln, Abfallsäcke, Tierskelette, Steckdosen oder tote Wachteln. So entstand eine Reihe von Stillleben, die er «Gegenstandsversammlungen» nannte, wobei er die Szene teilweise auch mit Objekten ergänzte und sie räumlich zueinander in Beziehung stellte. Mit dem «Blow-Up» Verfahren verlieh er diesen sonst oft übersehenen Gegenständen eine neue Monumentalität und Sichtbarkeit. Typisch für seine Malerei war seine lockere Pinselführung und farbig grundierten Leinwänden. Inspiration fand er in den Werken von Félix Vallotton, Edouard Vuillard und Paul Cézanne. 1978 zeigte er seine Werke in der Kusnthalle Winterthur im Rahmen der 3. Biennale der Schweizer Kunst.

In Winterthur pflegte Bendicht Fivian Kontakte zur Jugendszene, darunter auch den beiden Künstlern Aleks Weber und Claudio Conte. Für Ersteren figurierte er als Mentor und Förderer. Gleichzeitig hielt er einen Teil der Protagonisten der sogenannten «Winterthurer Ereignisse» auch in seiner Malerei fest, darunter besagter Aleks Weber und dessen Freundin Gabi S. auseinanderzusetzen. 1982 trat er der Künstlergruppe Winterthur bei, wo er von 1994 bis 2000 auch im Vorstand wirkte. Ab 1984 sass er zudem im Vorstand des Kunstvereins. 1988 gab er seine Tätigkeit als Lehrer endgültig auf und absolvierte bis 1989 einen Aufenthalt im Atelier des Kantons Zürich in Paris.

Kunstwerke in Winterthur

Neben der Malerei begann er sich in den 1980er-Jahren mit der Konstruktion von mechanischen Skulpturen und Kunst am Bau auseinanderzusetzen. Mehrere seiner Werke sind bis heute in Winterthur zu sehen, darunter Malereien in der Cafeteria des Pflegezentrums Oberwinterthur (1981), im Pflegeheim Zinzikon (1984), der Berufsbildungsschule Winterthur (1984), im Alterszentrum am Neumarkt (1987), im Sulzer Bürogebäude (1989), im Schulhaus Neuwiesen (1990) und den Kantonsschulen im Lee (1990) und Büelrain (1993).

Neben den Malereien gibt es auch einige Plastiken in Winterthur, so der «Wasserkipper» vor der Mensa der Kantonsschule Rychenberg (1990), das «Pendel» (1993) in der Kantonsschule Büelrain und das «Gegenwindspiel» beim Kindergarten Rappstrasse. Ebenfalls im Besitz der Stadt ist der «Signalwagen» (1996). 1995 wurde er in Winterthur mit dem Carl-Heinrich-Ernst Preis geehrt. 1997 widmete ihm das Kunstmuseum Winterthur eine Einzelausstellung.

Der 1990 eingeweihte «Wasserkipper» sorgte für Misstöne in der umliegenden Nachbarschaft und auch im Lehrkörper der Kantonsschule. Grund für die Beschwerde waren die Kippgeräusche des Kunstwerks. Im Rahmen der Schulhauserweiterung wurde das Kunstwerk 2004 abgebaut und eingelagert. 2010 sollte das Kunstwerk an einem neuen Standort wiederaufgestellt werden, worauf jedoch 2016 aus finanziellen Gründen verzichtet wurde. 

Tod und Nachlass

2019 verstarb Bendicht 79-jährig und nur drei Monate später auch Renate Bodmer. Das Künstlerpaar hinterliess in ihrem Atelier eine umfangreiche Werksammlung. Im Rahmen einer öffentlichen Auktion wurden 2020 rund 700 Objekte zum Verkauf angeboten. Ein Teil ihrer Werke überführte das Paar bereits 2014 in eine Stiftung.


Benutzte und weiterführende Literatur


Dworschak, Helmut: Zwei Künstlerleben im Ausverkauf, in: Der Landbote, 10.12.2020.
Mebold, Adrian: «Der Terror der Ordnung»: Benedicht Fivian und die 1980er-Jahre, in: Der Landbote, 11.03.2020.
Mebold, Adrian: Der letzte grosse Malervirtuose ist tot, in: der Landbote, 03.12.2019.
Affeltranger-Kirchrath, Angelika: Diese verrückte Räumlichkeit, in: Neue Zürcher Zeitung, 29. 11.2019.
Hit.: Besseres Licht, kein Brunnen, in: Der Landbote, 28.02.2016.
Widmer, Thomas: Streit an der F+F, in: Facts, 12.05.1999.
Baumann, Hans: «Ich male, was mich zum Malen reizt», in: Der Bund, 01.07.1997.
Schindler, Anna: Bendicht Fivian, in: Du, 01.02.1996.
Mach, Gerhard: Flasche trifft Damenschuh, in: Cash, 01.11.1996.
Amman, Jean-Christophe:Fünf junge Berner Künstler : Werro, Raetz, Fivian, Gertsch, Distel, in: Das Werk, Band 55, Heft 4. 1968, S. 245–250.

Bibliografie

    Fivian, Bendicht, 1940-2019, Kunstmaler

    • Einträge ab 2011

      Kirchheim, Eva: Nachrufe. Bendicht Fivian. In: Winterthurer Jahrbuch 2021. S. 186-187. m.Abb
      Russo, Giampaolo; Salon der Gegenwart (Hrsg.): Benedicht Fivian. In: Salon der Gegenwart. edition clandestin, 2021, S. 76-77, m. Abb.

      Einträge 1991–2010

      Ausstellungen: Zürich: Tages-Anzeiger 1994/12 1Abb. - Landbote 1994/28 1Abb.
      Arbon: Landbote 1995/114 1Abb.
      Kunstmuseum: Landbote 1997/145 1Abb., 157 von Georges Rutka, 1Abb. - Weinländer Zeitung 1997/74. - 77.Jahresbericht Kunstverein Winterthur 1997 m.Abb.
      Galerie ge: Stadtblatt 1999/36 1Abb. - 1999: Landbote 1999/233 1Abb.
      Carl Heinrich Ernst-Preis 1995: Landbote 1995/206,248 von Adrian Mebold, m.Abb., 250 1Abb. - Weinländer Zeitung 1995/124 1Abb. - Winterthurer Woche 1995/44 1Abb. - Zürcher Oberländer 1995/251 1Abb.
      Malt Titelbild "Du"1996/2: Weinländer Zeitung 1996/15.
      Tages-Anzeiger 1999/224.
      Kantonsschule Rychenberg. "Wasserkipper" weicht Neubau: Landbote 2002/253 1Abb., 270 neuer Standort? 1Abb.
      Porträt Regierungsratspräsident Markus Notter: Landbote 2005/233 1Abb. - NZZ 2005/233 S. 54 1Abb., 2007/33 S. 61 1Abb. --Brunnen Kantonsschule Rychenberg. Entfernung: Landbote 2009/118 m.Abb., 195 Wiederaufbau,1Abb.
      Retrospektive Rapperswil-Jona: NZZ 2009/268 S. 21 Magie des Unspektakulären, von Suzanne Kappeler, 1Abb. - Landbote 2009/271 von Christian Peege, 1Abb. - Bendicht Fivian Maler Figur und Landschaft : (Ausstellung)Kunstzeughaus Rapperswil 15. November 2009 bis 10. Januar2010 / Bendicht Fivian ; Gestaltung Hans Rudolf Bosshard. Winterthur, 2009. Unpag. : Ill.
      Brunnen "Wasserkipper". Neuer Standort: Landbote 2010/174 m.Abb.


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
08.01.2024