Hotels und Gastronomie

Gasthof zum Widder

Metzggasse 9

Seit 1980 lebt ein Team des Widder-Kollektivs die Idee der Selbstverwaltung und Lohngleichheit erfolgreich vor. Ohne Chef arbeitet es sich besser, finden die Widder-Beizer.


Gründungsdatum
1980


Adresse
Gasthof zum Widder
Metzggasse 9
8400 Winterthur
1970er-Jahre: Metzggasse 9, Restaurant Widder mit Wirt und Mitarbeitenden Foto: winbib (Signatur FotLb_001-181)

Das Restaurant Widder an der Metzggasse 9 in der Winterthurer Altstadt ist ein traditionelles Restauranthaus. Es war bis 1980 eine von vielen gleichartigen Altstadt-Beizen, wo es gemütlich zu und her ging und jedermann ein- und ausging. Als der Wirt altershalber zurücktrat kam das Haus zum Verkauf. Junge Winterthurer wollten zugreifen. Sie wollten den gemütlichen Treff an bester Lage vor allem auch für die jugendliche Szene erhalten. Es war nicht einfach das Geld aufzutreiben. Aber es gelang mit Anteilscheinen und Darlehen (Hypothek der Zürcher Kantonalbank). Nebst dem Kaufpreis von Fr. 750‘000 mussten auch die Umbaukosten bezahlt werden können. Vorerst wurde die Beiz wie bisher weitergeführt. Im März 1981 wurde dann die Genossenschaft zum Widder im Säli des Restaurants Salmen gegründet.

Das erste Kollektiv musste also sofort aktiv werden und mit wirten beginnen. Nebst dem gemeinsamen Arbeiten, bewohnte man auch die oberen Stockwerken gemeinsam. Dieses Konzept zeigte sich als nicht ganz einfach. Stetige Wechsel zeigten diese Schwierigkeiten auf. Das letzte dieser Kollektive war eine komische Sekte aus Süddeutschland, die etwas mit einer Gruppierung zu tun hatte, die sich „Bauhütte“ nannte. Sie versuchten ständig unter den Gästen Mitglieder für ihre Gruppierung zu finden (das war ihnen wichtiger als z.B. das Kochen). Das passte vielen Gästen nicht. eine BenützerInnenversammlung verlangte eine Änderung. Leider fand die Verwaltung damals kein neues Kollektiv, sondern einen tibetischen Pächter. Er begann ab dem Frühjahr 1987 mit seinem Engagement für den Widder. Er führte die Beiz erfolgreich. Den Umsatz konnte er markant erhöhen. Nach zwei Jahren stieg er aber trotzdem aus. Sein Pachtvertrag ging aber über fünf Jahre. Sein Team hatte Lust, die Beiz als Kollektiv zu übernehmen. Eigentlich hätte das Kollektiv die Beiz am 1. März 1989 übernehmen sollen und der Name sollte auch „Kollektiv März 1989“ lauten. Rechtliche Probleme verursachten eine Verzögerung, sodass sich die Gründung des neuen Kollektivs bis in den Dezember hineinzog. Deshalb heisst das Kollektiv heute „Kollektiv Dezember 89“.

So heisst das Credo heute immer noch so wie es angedacht wurde: „Hier im Gasthof zum Widder arbeiten wir als Kollektiv. Wie wir diesen Laden führen wollen entscheiden wir gemeinsam. Kein Chef und keine Chefin entscheiden über unsere Köpfe hinweg und eignen sich den zusammen erwirtschafteten Gewinn persönlich an. Der Konsens, wie wir zusammenarbeiten wollen, muss immer wieder von neuem erarbeitet werden. Das Arbeiten in einem Kollektiv hängt auch mit unserem politischen Verständnis zusammen, in einer Welt leben zu wollen, die sich von der kapitalistischen Gesellschaft verabschiedet. Wir kochen mit Bio-Gemüse und wann immer möglich auch mit Bio-Fleisch aus der Schweiz. Wir wollen, dass sich die Menschen in unserer Beiz in einer freien und respektvollen Umgebung bewegen können, unabhängig von Sexualität, Geschlecht und Herkunft. Weil wir wissen, dass es kaum noch nichtkommerzielle Orte gibt, besteht bei uns kein Konsumzwang und die verschiedenen Konzerte von Schweinerock über Punk und HipHop bis elektronischer Hüpfmusik verstehen wir als unseren Beitrag zur Gegenkultur und sind gratis.“

Bibliografie

    Widder, Restaurant, Metzggasse

    • Einträge ab 2011

      Lanz, Christian: In die Buchhaltung bin ich reingerutscht. Bruno Hangarter. In: 8400 Altstadt, Nr. 108, Jg. 33 (2013). S. 5. m. Abb.

      Einträge 1991–2010

      Kollektiv, 10 Jahre: Stadtblatt 1999/33. - Landbote 1999/188 1Abb. - Tages-Anzeiger 1999/48.
      Überfall: Landbote 2004/114.
      Schichtwechsel 1981 (links-alternative Szene): Winterthurer Jahrbuch 2004 von Martin Freuler, m.Abb.


Autor/In:
Heinz Bächinger
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
21.02.2022