Grosskonzerne

Gebrüder Sulzer AG

Die Gründung der Firma Gebrüder Sulzer geht auf den 5. April 1834 zurück. Johann Jacob Sulzer kaufte ein Grundstück an der Zürcherstrasse, welches lange der Mittelpunkt des aufstrebenden Unternehmens war. Am Anfang beschäftigte die Firma nur zwei Giesser und zwei Tagelöhner, 1850 hatte es 100 Mitarbeiter. Die Zahl der Mitarbeiter wuchs ständig an, bis der Übergang von der Giesserei zur Maschinenfabrik vollzogen war.


Gründungsdatum
1834


Adresse
Sulzer Ltd
Zürcherstrasse 14
8401 Winterthur
1834: Zürcherstrasse, Gebrüder Sulzer, Wohnhaus, im Hintergrund Eisengiesserei Foto: winbib (Signatur 063615)

Anfänge

1834 erwarb Johann Jacob Sulzer Neuffert von der Stadt Winterthur ein etwa 5000 m2 grosses Grundstück an der Zürcherstrasse und legte den Grundstein der Firma «Gebrüder Sulzer, Giesser in Winterthur». Der weit gehend noch handwerklich orientierte Betrieb beschäftigte zeitweilig gegen 40 Gesellen, Handlanger und Lehrbuben. 1839 kam die erste, viel bestaunte Dampfmaschine zum Einsatz. Dank dem ersten grossen Wirtschaftsaufschwung ab 1850 konnte Sulzer grosse Erfolge auf den Weltausstellungen in Paris und Wien feiern. 1867 beschäftigt Sulzer zum ersten Mal über 1000 Mitarbeiter und eröffnet Niederlassungen im Ausland.

Verkaufsbüros entstehen in Mailand, Paris, Kairo, London, Moskau, Bukarest und 1914 sogar im japanischen Kobe. Bis 1900 zählt Sulzer über 3000 Mitarbeiter. Krisen und Aufschwung Die Weltwirtschaftskrise anfangs der Dreissiger zieht nicht an Sulzer vorbei. Bis vierzig Prozent weniger Arbeit hätten sie gehabt, ist in der Firmengeschichte nachzulesen. Erstmals musste Sulzer markant Mitarbeiter entlassen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wächst Sulzer dann abermals und beginnt, sich mehr auf die internationalen Märkte zu konzentrieren. Um die Produktion bewältigen zu können, warb Sulzer Gastarbeiter aus dem südlichen Europa an.

Seit 1932 engagierte sich Robert Sulzer für den Einstieg ins Textilmaschinengeschäft. Zusammen muit Rudolf Rossmann trieb er es voran. Rückschläge blieben nicht erspart und mehrmals wurde ein Abbruch der teuren Übung in Betracht gezogen. 1950 kauft Sulzer die ehemalige Waffenfabrik Solothurn in Zuchwil. Man begann mit 16 Mitarbeitern. Und bereits am 26. Januar 1953 wurden die ersten serienmässig hergestellten Webmaschinen ausgeliefert, ein Geburtstagsgeschenk für Robert Sulzer. Er feierte wenige Tage später seinen 80. 1961 übernahm Sulzer die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM) und wurde 1966 Mehrheitsaktionär bei der Escher Wyss AG in Zürich.

Schweizerisches Bundesarchiv (BAR): J2.143#1996/386#1280-1#5*, 1280-5. Schweizer Filmwochenschau (SFW): Ausbildung zur Kranführerin, 06.10.1967.

Über 34 000 Mitarbeiter weltweit beschäftigte Sulzer zu diesem Zeitpunkt. Der Aufschwung endete für Sulzer abrupt. Anfang der 1980er Jahre brachen erstmals die Gewinne ein. Das Jubiläum «150 Jahre Sulzer » 1984 fällt mit grossen Restrukturierungen zusammen, und erstmals schreibt das Unternehmen rote Zahlen. Bis heute ist Sulzer weiter geschrumpft. Von den in Spitzenzeiten 30 000 Beschäftigten arbeiten 2005 nur noch gerade 9661 weltweit für den Konzern, davon 670 in Winterthur. Noch im Jahr 2000 waren es weltweit über 20'000. 2014: Konzentriert auf drei Sparten 2014 wurde Sulzer Metco an die Oerlikon Group verkauft. Somit konzentriert Sulzer seine Tätigkeiten nach diesen Restrukturierungen auf drei Unternehmensbereiche: Sulzer Pumpen, Sulzer Turbo Services und Sulzer Chemtech.

Metco war die drittgrösste der Sulzer-Sparten. Mit einem Umsatzanteil von 19 Prozent war der Bereich leicht unterdurchschnittlich gross. Sulzer verliert mit der Division einen Umsatz von knapp 700 Millionen. Die Belegschaft von Metco befindet sich grösstenteils im Ausland. In der Schweiz arbeiten 234 Angestellte, die meisten davon im aargauischen Wohlen. In Winterthur gab es in der Sparte 26 Vollzeitstellen. Bei den betroffenen Mitarbeitern handelte es sich um den Divisionspräsidenten und weitere Stabsmitarbeiter, die ihr Büro bislang vis-à-vis dem ehemaligen Hauptsitz an der Zürcherstrasse hatten. Oerlikon übernahm sämtliche Mitarbeiterverträge. Sulzer Pumps Sulzer Pumps gilt als führender Entwickler und Anbieter von Kreiselpumpen. Daneben wird auch ein technischer Service für alle Arten von Pumpen und anderen rotierenden Maschinen angeboten.

Kunden sind vor allem in den Branchen Öl und Gas, Kohlenwasserstoffverarbeitung, Papier, Energieerzeugung, Nahrungsmittel, Metalle, Düngemittel sowie Wasser und Abwasser tätig. Mit gut einer Milliarde Umsatz im Jahr 2004 ist Sulzer Pumps die eintragsreichste Division von Sulzer. Sulzer Chemtech Sulzer Chemtech ist für Technologien in den Bereichen Trennkolonnen weltweit präsent. Das Angebot umfasst Komponenten wie strukturierte Packungen, Kolonnenböden, Einbauten, statische Mischer und den damit verbundenen Service. Kunden sind Industrien der Sparten Öl und Gas, Petrochemie, Chemie sowie Kunststoff. Chemtech ist die einzige Division, die in Winterthur noch eine Produktionsstätte betreibt, und generierte 2004 313 Millionen Umsatz. Sulzer Metco Sulzer Metco ist führend in der Oberflächentechnik, mit den Bereichen Thermisches Spritzen und Dünnschicht. Das Angebot umfasst Materialien, Anlagen, Beschichtung und Oberflächenveredelung sowie Fertigungsverfahren für Spezialkomponenten. Mit einem globalen Netz von Produktion, Vertrieb und Service beliefert Sulzer Metco unter anderem Luftfahrt-, Energie- und Automobilindustrien. 521 Millionen Umsatz brachte Metco 2004 dem Mutterhaus ein.

Sulzer Turbo Services Sulzer Turbo Services gehört zu den grössten unabhängigen Anbietern umfassender Reparatur-, Instandsetzungs- und Wartungsdienste insbesondere für thermische Turbomaschinen. Dies beinhaltet auch die Fabrikation wichtiger Ersatzteile, vor allem für Gas- und Dampfturbinen sowie für Kompressoren. Diese Division macht in Nordamerika fast die Hälfte ihres 213 Millionen Franken hohen Umsatzes. Mit Sulzer Innotec betreibt der Konzern eine hauseigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung, die teils für die jeweiligen Divisionen arbeitet, aber auch eigene Projekte führt und vorantreibt. Umstrukturierungen 2014 Der Sulzer Konzern hat sich laufend verändert und sich neue Strukturen verpasst. Klaus Stahlmann hat im Frühjahr 2012 das Zepter übernommen. Sulzer Innotec (Forschungsabteilung) wurde aufgelöst und auf die Sparten verteilt. Nach dem Beschluss des Verkaufs von Metco (Oberflächentechnik) und der Straffung der Verwaltung (Abbau von 100 Stellen ab 2013) wurden Stahlmanns Visionen ab November 2013 wie folgt umgesetzt. Es gibt nach Abschluss der Umstrukturierungen per 1. Januar 2014 noch drei Unternehmensbereiche:

I. Sulzer Pumps Um einen führenden Anbieter von Dienstleistungen für rotierendes Equipment zu schaffen, werden Sulzer Turbo Services und die Serviceaktivitäten von Sulzer Pumps in der neuen Division Services zusammengeführt. Die neue Geschäftseinheit Water wird alle Produkte und Dienstleistungen für die Segmente Wasser und Abwasser vereinen, als Teil der Division Pumps Equipment. (aus Medienmitteilung) II. Sulzer Chemtech III. Sulzer Turbo Services

Sich selbständig gemacht

Als sich Sulzer gesundschrumpfte, hat sie einige Teilbereiche abgestossen. In dieser Situation ergriffen einige Divisionsleiter die Chance, selbständig zu werden. Ein so genanntes Management- Buy-out (MBO) konnte mehrfach beschlossen werden. So entstanden die Burckhardt Compression, die Winpro und das Planungsbüro PGMM. Alle blieben sie in Winterthur und konnten sich auf eigenen Beinen gut halten. Zum Vergleich: Burckhardt beschäftigt heute in Winterthur 370 Mitarbeiter, die Winpro 140 und PGMM 30, also nicht viel weniger als ihr ehemaliges Mutterhaus Sulzer heute. Zu Beginn der achtziger Jahre beschäftigte der Sulzer-Konzern in Winterthur noch rund 12’000 Personen. Im Zuge von Restrukturierungen wurde der Bestand in der Folge kontinuierlich abgebaut.

Derzeit sind in der Schweiz noch knapp 1000 und am Stammsitz um 700 Mitarbeitende tätig. Das 1999 angekündigte und 2002 abgeschlossene Effizienzsteigerungsprogramm «Performance» war besonders einschneidend, trennte sich doch Sulzer Industries von einem grossen Teil der Industrieaktivitäten. Von diesem Umbau waren weltweit 14’600 Personen, also mehr als zwei Drittel des Mitarbeiterbestandes, und vom damit verbundenen Personalabbau rund 2000 Stellen betroffen, knapp die Hälfte davon in der Schweiz. 2016: Sulzer schliesst die letzte Fabrik Sulzer gibt den letzten verbliebenen Produktionsstandort in der Stadt Winterthur auf. Am Freitag, 11. März 2016 teilt Sulzer mit, dass das Unternehmen den Produktionsstandort Winterthur schliesst.

Der Traditionsbetrieb streicht 90 Stellen. Die Firma schrumpft in Winterthur immer weiter: Nachdem der alte Sulzer-CEO Klaus Stahlmann rund 100 Kaderstellen abbaute, streicht der neue Chef Grégoire Poux-Guillaume nun die letzten Arbeiterjobs. Wie der Konzern mitteilte, wird die Fabrik auf dem Oberwinterthurer Industrieareal geschlossen. 90 Stellen fallen weg, der Personalbestand sinkt von 530 auf 440 Personen, es wird mit vielen Entlassungen gerechnet. Begründet wird der Schritt mit dem «anspruchsvollen Marktumfeld im Öl- und Gasmarkt». Bei der Fabrik handelt es sich um die Produktion des Bereichs Trenntechnologie der Chemtech-Sparte.

Die bisher in Oberwinterthur gefertigten Anlageteile für Raffinerien sollen neu im Ausland hergestellt werden. Mit dem Werk schliesst die drittletzte Sulzer-Fabrik der Schweiz und die letzte in der Stadt. Am Ort verbleiben jedoch laut einem Sprecher andere Funktionen, etwa Forschung und Entwicklung sowie der Verkauf. Die zu erwartenden Kündigungen sollen «in diesem Jahr starten» und bis Mitte2017vollzogen sein, heisst es. Besonders stossend sei, so kritisiert die Gewerkschaft Syna, dass die betroffenen Mitarbeiter 2015 einer Erhöhung der Wochenarbeitszeit von 40 auf 42 Stunden zugestimmt haben, verbunden mit einer Standortgarantie–«ein leeres Versprechen». Sulzer werde den Betroffenen mit einem Sozialplan helfen, kündigt derweil der Firmensprecher an.

Für die sieben Lehrlinge bei Chemtech sei eine Lösung gefunden worden: Sie können ihre Ausbildung bei Burckhardt fortsetzen. Die einstige Sulzer-Tochter gab zur gleichen Zeit den grössten Zukauf ihrer Geschichte bekannt. Die Reaktionen schwanken zwischen Bedauern und Empörung. SP und Gewerkschaften verweisen auf die 500 Millionen Franken schwere Sonderdividende für die Sulzer-Aktionäre, die vor kurzem bekannt gegeben wurde. (Text gemäss Lb)


Autor/In:
Heinz Bächinger
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
12.12.2021