Kunst und Kultur

Otto Konrad Herold

Pfarrer, 1848–1945

Pfarrer, Dekan an der Stadtkirche, Dr. theol. h.c.


Geburtsort
Chur

Geboren
27.02.1848

Gestorben
02.01.1945


um 1900: Dr. theol. Otto Herold 1848-1945, Pfarrer im Kantonsspital Foto: winbib (Signatur 171661)

Nekrolog

Im hohen Alter von nahezu 97 Jahren ist am 2. Januar 1945 alt Pfarrer Otto Herold entschlummert. Noch im Spätherbst war man ihm zuweilen auf kurzen Spazierfahrten im Freien begegnet. Aber seit der Winter sein strenges Regiment angetreten hatte, blieb er ans Haus gefesselt. Nun hat ihn die Hand dessen zu sich heimgeholt, dem und dessen Lob er während seines langen und gesegneten Lebens diente. Pfr. Dr. Otto Herold stammte aus Chur. Seine erste Wirkungsstätte fand er in Schwanden. Noch heute sind sichtbare Studien seiner Tätigkeit im Glarnerland vorhanden - an der Schule stand noch lange ein Lehrmittel für den Geographie- und Geschichtsunterricht im Gebrauch, das seinen Namen trägt. Das für sein Leben bestimmende Alter aber hielt ihm Winterthur bereit. Im Jahre 1878 wurde der Dreissigjährige durch Dekan Schmid an die Stadtkirche berufen. Damit begann für das durch Richtungszwiste gehemmte kirchliche Leben der Stadt Winterthur ein neuer und reicher Abschnitt.

Die Gaben und Eigenschaften des neuen Pfarrers trugen hierzu Entscheidendes bei: eine die mannigfachen Aufgaben des Berufes scheinbar mühelos bewältigende Frische und Arbeitsfreudigkeit, ein Organisationstalent, das den verschiedensten humanitären und charitativen Einrichtungen zugute kam, eine starke Verbundenheit mit Natur und Heimat, Vaterland und Volk, eine - wie es sein Amtsbruder Dr. J. C. Gasser einmal formulierte - ausgesprochene Betonung des ewigen Lebens im irdischen Leben und vor allem sein stets treu gehüteter Lebensgrundsatz, das Verbindende zu pflegen, das Trennende zurücktreten zu lassen, und endlich eine den mannigfachsten gewachsene Gaben einer, froher Rede. Nicht von ungefähr wurde dieser bedeutende Vertreter des theologischen Liberalismus im Jahre 1910 zum Vorsitzenden des kantonalen Kirchenrates und 1916 zum Präsidenten der schweizerischen Gruppe des Weltbundes für Freundschaftsarbeit der Kirchen berufen. 1921 trat er an die Spitze des evangelischen Kirchenbundes der Schweiz. Mit der Übernahme der Leitung der europäischen der Zentralstelle für kirchliche Hilfsaktionen betrat er im Jahre 1922 Bereiche, die sich mit denen des Staatsmannes berühren. Die Universität Zürich ehrte das Lebenswerk des Siebzigjährigen durch Ernennung zum Doctor thelogiae honoris causa. Im Jahre 1929 nahm Herr Pfr. Herold Abschied vom Amt. Ein langer, geruhsamer Lebensabend ist ihm anschliessend beschieden gewesen. Die Frische des Geistes blieb ihm bis zuletzt geschenkt. Die Bevölkerung Winterthurs aber stand dankbar an seinem Grabe, dankbar für all das, was er zu ihrem Segen, getan, gewirkt und erstrebt hat. Der Landbote 3. Februar 1943


Autor/In:
Urs Widmer
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
16.02.2022