Sport

Peter Jiricek

Radball-Weltmeister, *1978

Einer der erfolgreichsten Winterthurer Sportler ist nie in die NLA aufgestiegen, gewann jedoch mit fünf verschiedenen Partnern acht WM-Medaillen und wurde dabei drei Mal Weltmeister. Der Radballer Peter „Pit“ Jiricek verabschiedete sich am 14. Januar 2017 vom Spitzensport, bleibt dem Hallenradsport jedoch als Unternehmer treu.


Geburtsort
Brünn (Tch)

Geboren
28.02.1978


2004: Radballer (Peter Jiricek, Paul Looser) und Trainer (Peter Jiricek) werden im Stadthaus Winterthur für die WM-Silbermedaille geehrt Foto: winbib, Heinz Diener (Signatur FotDig_Lb_002-916)
Peter Jiricek ist am 28. Februar 1978 in Brünn (Tch) zur Welt gekommen. Zusammen mit Vater Petr, Mutter Dagmar und der drei Jahre älteren Schwester Dagmar kam er als Einjähriger in die Schweiz. Zum Radballsport kam er durch seinen Vater, welcher von Beginn weg immer sein Trainer und Coach war. Als 7-jähriger begann die sportliche Karriere als Spieler in der Kategorie Schüler B. 1994 spielte er am Europacupfinal in Ostrava und als 16-jähriger feierte er sein Debüt in der Nationalliga A an der Seite von Timo Reichen. Sie profitierten und erbten einen NLA-Startplatz. Somit ist Peter Jiricek nie in die NLA aufgestiegen. Erstmals WM-Luft schnupperte er 1997 als Ersatzspieler des Weltmeisterduos Peter Kern und Marcel Bosshart aus Pfungen. Und dies erst noch in der Winterthurer Eulachhalle unter der Organisation von Martin Zinser.

Weltmeister 1999 mit Christoph Hauri

Zwei Jahre später stand Peter Jiricek zusammen mit Christoph Hauri auf Madeira (Por) zum ersten Mal zuoberst eines WM-Podestes. Da Hauri danach überraschend seinen Rücktritt gab, weil er beruflich ins Ausland ging, stand Jiricek plötzlich ohne Torhüter da. Glücklicherweise konnte eine vereinsinterne Lösung gefunden werden und so sprang sein Assistenztrainer Hanspeter Flachsmann ein. Keine Selbstverständlichkeit, war „Habi“ doch bereits 40 Jahre alt. Zusammen gewannen sie den Schweizer Cup und feierten den ersten Schweizermeistertitel. Für Peter Jiricek sollten später noch sechs weitere Meistertitel folgen. Dazu gewann er den Schweizer Cup insgesamt sieben Mal. An der WM 2000 in Böblingen (De) schafften Flachsmann/Jiricek den Finaleinzug und gewannen die Silbermedaille. Etwas, was selbst Szenenkenner kaum für möglich hielten.

Weltmeister 2002 mit Paul Looser

Die Suche nach einem neuen Torhüter gestaltete sich im Jahr 2000 ebenfalls erfolgreich. Mit dem Innerschweizer Paul „Päuli“ Looser fand der Winterthurer jenen neuen jungen Partner, welcher den grossen zeitlichen Aufwand auf sich nahm und von 2001 bis 2004 als Torhüter im Team von Peter Jiricek spielte. Es folgten die erfolgreichsten Jahre seiner Karriere. Weltmeister 2002 in Dornbirn (Aut), Vize-Weltmeister 2003 und 2004. In den gleichen Jahren gewannen sie den Europacup und Peter Jiricek war von 2003-2005 drei Jahre lang unangefochten die Nummer 1 der Weltrangliste. Ab 2005 hiess sein Partner wieder Timo Reichen. Nach dem Cupsieg und Gewinn des Meistertitels 2005 folgte mit der WM-Bronzemedaille 2007 an der Heim-WM in der Eulachhalle der grösste Erfolg von Reichen/Jiricek. Dabei amtete der Winterthurer Daniel Frei zum einen als Teammanager, zum anderen als OK-Präsident.

Weltmeister 2009 mit Marcel Waldispühl

Zum letzten Mal wechselte Jiricek seinen Torhüter 2009 aus. Marcel Waldispühl aus Maischhausen bei Aadorf hütete am längsten das Tor von Peter Jiricek. Die acht gemeinsamen Jahre wurden gleich im ersten gemeinsamen Jahr in der portugiesischen Algarve mit dem Weltmeistertitel gekrönt. Ein Jahr später – es war seine letzte WM-Teilnahme – gab es noch einmal WM-Silber. Peter Jiricek gewann innert elf Jahren acht WM-Medaillen mit fünf verschiedenen Torhütern. Ein einmaliger Leistungsausweis im Spitzensport...

Erfolgreichster Weltcup-Teilnehmer

Im Jahre 2002 wurde im Radball der Weltcup eingeführt. Peter Jiricek gewann beinahe in jedem Jahr mindestens ein Weltcupturnier. Insgesamt gewann er 18 Weltcupturniere, die Hälfte davon mit Marcel Waldispühl. Er ist der erfolgreichste Weltcupteilnehmer der Geschichte. Bis auf wenige Ausnahmen erreichte „Pistol Pit“, wie Jiricek auch genannt wird, bei seinen 71 Weltcupturnieren jeweils die Halbfinals und dort den Sprung aufs Podest. Auch beim allerletzten internationalen Ernstkampf, dem Weltcupfinalturnier 2016 in Oberseen – nur 250 Meter Luftlinie entfernt von Jiriceks Wohnort – unterstrich er mit dem dritten Rang diese unglaubliche Bilanz. Einziger Wehmutstropfen im Erfolgspalmares des Eulachstädters - er gewann nie den Gesamtweltcup.

Leistungssportler einer Insidersportart

Der Radballsport ist bis heute ein reiner Amateursport geblieben. Die Sportler müssen die Aufwendungen für den Sport zum grössten Teil selber finanzieren. Das Team um Peter Jiricek hat über all die Jahre mit eigenen Sponsoren sowie einem Supporterclub den finanziellen Aufwand etwas auffangen können. Dank dem konnte er die Faszination des Radballsportes während 32 Jahren geniessen. Täglich arbeitete er hart an seiner Koordination, Schnelligkeit und Ausdauer. Dazu wurde das Zusammenspiel mit seinen Partnern laufend optimiert. Nach dem 2. WM-Titel und einer Diplomarbeit von Sportmanager Daniel Frei wurde das Teamumfeld professionalisiert. Teammanager, Physiotherapeuten, Personal Trainer und weiteres kamen hinzu. So ist es auch erklärbar, dass Peter Jiricek den internationalen Radballsport über eine so lange Zeit massgeblich mitprägte. Selbst beim Sportgerät machten Sohn und Vater Jiricek nicht halt. Sie entwickelten ein eigenes, leichteres, wendigeres und trendigeres Radballvelo. Es war der Anfang des eigenen Unternehmens „Star Bycicle“.

Zukunftspläne

Auch nach dem Rücktritt trainiert Peter Jiricek jeden Mittwochabend in der Turnhalle Römerstrasse in Oberwinterthur mit den ambitionierten Teams aus Pfungen und Winterthur. Ob er wie sein Vater einmal Trainer wird, ist momentan noch kein Thema. Für ihn kommt es auch darauf an, wie sich sein Sohn Lionel und Tochter Valerie sportlich ausrichten werden. Mit dem Hallenradsport bleibt er aber sicher verbunden. Beruflich ist Jiricek selbstständiger Unternehmer und führt die Marke „Star Bicycle“. Inzwischen ist er der Hauptlieferant der internationalen Radball- und Kunstradszene. In Oberwinterthur führt er zudem einen Bike-Shop. Diesen will er in den kommenden Jahren in Winterthur und Umgebung bekannter machen. Dazu steht das Familienleben mit Ehefrau Claudia und seinen beiden Kindern im Mittelpunkt. Oder wie es Peter sagen würde: „Das Leben geniessen - mit allem was Freude bereitet“...

Text und Fotos: Daniel Frei (sportjournalist.ch)


Autor/In:
Heinz Bächinger
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
16.02.2022