Verkehr und Infrastruktur

Rychenbergstrasse

Die Rychenbergstrasse verbindet die beiden Winterthurer Stadtteile Veltheim und Oberwinterthur. Mit den Eingemeindungen 1922 erhielt sie den einheitlichen Namen Rychenbergstrasse. Zuvor hiess sie vom Lindspitz bis zum Haldengut Tachlisbrunnenstrasse, dann folgte Rychenbergstrasse bis zur Pflanzschulstrasse, dann Leestrasse bis zur damaligen Stadtgrenze. Das Reststück in Oberwinterthur war nur noch ein Flurweg. Heute ist sie eine Verbindungsstrasse mit grossem Verkehrsaufkommen.


um 1900: Rychenbergstrasse 77 Ökonomiegebäude und Villa Lindberg von Karl Sulzer-Schmid (Ende der ersten Etappe Rychenbergstrasse) Foto: winbib (Signatur 035951)

2017 verfasst der Historiker Peter Niederhäuser für den Heimatschutz Winterthur eine Broschüre unter dem Titel „Eine Strasse mit vielen Namen/Die Geschichte der Rychenbergstrasse". Der folgende Glossar-Text benützt diese Vorlage in stark gekürzter Form für diesen Eintrag. Die Rychenbergstrasse verbindet die Stadtkreise Oberwinterthur mit Veltheim. Sie ist heute, vor allem in den Hauptverkehrszeiten, eine stark frequentierte Umfahrungsstrasse des Stadtzentrums, selbstverständlich zum Unmut der Anwohner. Dieser Schleichweg bzw. diese Durchgangsstrasse bietet sich erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts in gut ausgebautem durchgehenden Zustand an. Zuvor hat sie sich langsam und unter unterschiedlichen Namensgebungen entwickelt. Der Südhang des Lindbergs war bis anfangs des 19. Jahrhundert ein grosses Rebgebiet.

Diese Weinberge wurden von der Stadt her erschlossen und mündeten dann in Hangwege, die den Zugang zu den Reben ermöglichten. Dieses städtische Umland war auch Erholungsgebiet der Stadtbewohner, die bereits damals den Weg ins Grüne suchten. 1817 baute der Müller Elias Ernst den Gutsbetrieb Haldengut. Wenig später folgten weitere Bauernhöfe ( z.B. „Untere Halde“ und der „Rosenhof“). Mit dem Bau der Brauerei Haldengut 1843 und der Errichtung der Bahnlinien ab 1855 bekam das Landwirtschaftsgebiet langsam ein anderes Gesicht. Es entstanden der Friedhof Rychenberg 1870, (heute Standort der Kantonsschule) und der Spital (1876).

Eine bessere Erschliessung wurde nötig. Im November 1863 forderte die städtische Strassenkommission den Stadtrat auf ab der Schaffhauserstrasse eine neue Strasse zu erstellen, die dieses Gebiet neu und besser erschliesst. Die neu geplante Rebbergstrasse sollte vorerst bis zur Rappenhalde (bis zum Bäumli-Fussweg) erstellt werden. Die Begeisterung für dieses Strassenprojekt hielt sich bei den gutsituierten Rebbergbesitzern in Grenzen. Von Kooperation war keine Rede. Obwohl man bereits mit der damals eigenständigen Gemeinde Oberwinterthur Gespräche führte, um die Strasse auf ihrem Territorium weiter zu führen, entschloss man sich, die neue Strassenverbindung in Etappen zu erstellen.

In einer ersten Phase wurde die Verbindung vom Lindspitz bis zur Brauerei Haldengut gebaut und ihr der Name Tachlisbrunnenstrasse zugeteilt. Auch heute gibt es noch eine Strasse (erstellt 1937/38) mit diesem Namen, sie liegt eine Etage höher zwischen der ehemaligen Brauerei und der Klinik Lindberg. Die Fortsetzung zwischen Haldengut bis zur Stadtgrenze beim Vrenelisgärtli-Rank war dann ein dorniges Geschäft. Die Weigerung einzelner Grundbesitzer für Landabtretung und die Uneinigkeit für die Festsetzung von Baulinien ermöglicht erst einen Strassenbau bis zur Tössertobelstrasse. 1971 tauchte das Strassenprojekt in den städtischen Protokollen wieder auf. Zwei Jahre wurde gestritten um den Abriss der „Leetrotte“.

Peter Niederhäuser schreibt dazu: „Am 11. Mai 1872 stimmten die Grundbesitzer im Lee, Goldenberg und Rappenhalden, unter ihnen namhafte Winterthurer Bürger, dem modifizierten Projekt des Stadtrates zu. Statt der Leetrotte sollte ein anderes Haus der Strassenführung weichen, weitere Trotten wurden verlegt. Die Rebberge - und die Trotten - sollten vorläufig auch weiterhin das Erscheinungsbild des Lindberges bestimmen. Die Grösse der Entschädigung der einzelnen Eigentümer führte dann allerdings zu weiteren Diskussionen. Tatsächlich verzögerte eine Einsprache die «rasche Durchführung des längst pendenten Strassenprojektes», wie der Stadtrat im Sommer 1872 enttäuscht protokollierte. Erst im Frühling 1873 konnte mit allen Beteiligten eine Einigung erreicht und die «Leestrasse», wie dieser dritte Abschnitt schliesslich bezeichnet wurde, vollendet werden.“

Ein Fussweg führte ab Strassenende zum Bäumli hoch, nicht aber nach Oberwinterthur. Mitten in einem Rebberg oberhalb des Stadtrains war Strassenende. Oberwinterthur zeigte kein Interesse für diese neue Strasse, dazu sei kein Bedarf vorhanden. So blieb die neue Strasse lange Zeit eine Sackgasse. Mit der Wirtschaftskrise in den 1870er-Jahre und dem Nationalbahn-Desaster traten solche Projekte in den Hintergrund. Die Notwendigkeit war auch nicht ausgewiesen. Die Brauerei Haldengut blieb das einzige Gewerbe in dieser Gegend. Es entstanden aber etliche Villen-Bauten. Zu erwähnen sind Villen Bühlhalde und Bühlstein (im ehemaligen Eck Rychenbergstrasse/Pflanzschulstrasse) der Gebrüder Carl und Hermann Bühler von 1872/73,

Ebenso das „obere Alpgut“ 1872 von Heinrich Sulzer-Steiner und die Villa Rychenberg (heute Musikschule) von Theodor Reinhart-Volkart 1888. Das Umfeld am Beginn der Rychenbergstrasse, damals Tachlisbrunnenstrasse, wurde durch die Initiative von Heinrich Blatter (Blatterstrasse) 1895 dicht überbaut. Oberhalb der Rychenbergstrasse entstand 1874 das Hirzelgut. Bauherr war Offizier, Ingenieur und Erfinder Konrad Hirzel-Gysi (1834-1897). Als nach der Eingemeindung 1922 der Wohnungsbau am Lindberg in der nun ehemaligen Gemeinde Oberwinterthur zunahm, kam Bewegung in den Strassenbau. Die Rychenbergstrasse wurde bis zum Hammerweg weitergeführt, blieb vorerst ein Stummel. Die neue Verbindung über die entstandene Kurlistrasse war nicht zukunftsträchtig.

1934 legte der Stadtrat konkrete Baupläne für die Rychenbergstrasse als „durchgehende und zweckmässige Verbindung zwischen den Stadtteilen Veltheim und Oberwinterthur vor. Erst im November 1938 wurde in einer Gemeindeabstimmung das Kreditbegehen von 350‘000 Franken dazu freigegeben. Über 12‘000 Stimmbürger stimmten zu, 1‘500 lehnten ab. 1942/43 wurde der Bau realisiert und bestes Bauland erschlossen. Die steigenden Verkehrszahlen machten in den 1950er-Jahren einen Ausbau der Strasse nötig. Somit war auch vollzogen, was bereits 1922 eingeleitet wurde. Der ganze Strassenzug von der Schaffhauserstrasse bis zur Stadlerstrasse trägt den einheitlichen Namen Rychenbergstrasse.

Bibliografie

    Rychenbergstrasse

    • Einträge 1991–2010

      IG für Tempo 40: Landbote 1998/268, 1999/2, 4, 22, 49 Postulat, 215. - Anträge, Anfragen und Interpellationen des Grossen Gemeinderates Winterthur 1999/9.
      IG, Rekurs gegen BZürcher Oberländer: Landbote 2001/68.
      Nicht mehr Kommunalstrasse (Forderung): Landbote 2001/137, 198, 217. - Anträge, Anfragen und Interpellationen des Grossen Gemeinderates Winterthur 2001/59.
      Lösung in Sicht: Landbote 2003/6.
      Tempo 30: Landbote 2003/13.
      Radweg usw.;: NZZ 2003/116 S. 43.
      Tempo 30. Rechtsstreit: Landbote 2005/80 1Abb.
      Sicherheitslücke: Landbote 2007/67 1Abb.

    Gartenbau. Hofmann, Rychenbergstrasse 196

    • Einträge 1991–2010

      Neubau: Landbote 1993/228 m.Abb.
      40 Jahre: Oberi Zy

    Kreuzung Rychenbergstrasse-Haldenstrasse

    • Einträge 1991–2010

      Verkehrskreisel: NZZ 2000/17. - Landbote 2000/17.
      Rekurs: Stadtanzeiger 2003/3

    Rychenbergstrasse 170/Leimeneggstrasse, Wohnhaus, erbaut durch Architekt Peter Kunz

    • Einträge 1991–2010

      Ideales Heim 2001/7 S. 32-42 von Danielle Fischer, m.Abb. - Winterthurer Jahrbuch 2001 S. 172 ff. Verdichten, 1Abb.

    Rychenbergstrasse 84, Villa Müller-Renner

    • Einträge 1991–2010

      Anthos 2004/1 Künstliche Landschaften, von Steffen Roth, 1Abb.

    Rychenbergstrasse oberhalb Konservatorium. Überbauung Ecobauhaus AG. (Giovanni Cerfeda)

    • Einträge 1991–2010

      22 Solarhäuser: Tages-Anzeiger 2005/9 m.Abb. - NZZ 2005/170 S. 51.
      Spatenstich: Landbote 2005/234 1Abb.

    Rychenbergstrasse 38

    • Einträge 1991–2010

      Denkmalschutz? Landbote 2008/41 1Abb.


Autor/In:
Heinz Bächinger
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
03.03.2022