Vereine und Verbände

Società Cooperativa Winterthur

Rund 100 Jahre lang hat die Vereinigung von Italiener, die Società Cooperativa oder kurz die „Copi“ Italienità nach Winterthur gebracht und sie gepflegt. Bei diesem erfolgreichen Wirken hat aber die Integration in die schweizerischen Gepflogenheiten ebenso eine grosse Rolle gespielt. Der Lebensmittelladen an der Stadthausstrasse und das legendäre Restaurant „Salmen“ in der Marktgasse waren ihre Aushängeschilder.


Gründungsdatum
1906


1970: Stadthausstrasse 81ff., Einkaufsladen der Società Cooperativa Winterthur Foto: winbib, Urheberschaft unbekannt (Signatur 024892)

Die Società Cooperativa wurde am 13. August 1906 von 28 italienischen Arbeitern gegründet. Ziel der Konsumgenossenschaft war, für die damals 483 Italiener in Winterthur Speisen aus der Heimat zu günstigen Preisen zur Verfügung zu stellen. Damals konnte man noch keine Pasta, Chianti, Olivenöl, Salami oder Mortadella kaufen. Bald schon fand das Angebot im Ladenlokal an der Stadthausstrasse auch bei den Winterthurern Anklang und das Geschäft florierte. Die «Copi» baute bis 1912 weitere fünf Filialen aus (in Lichtensteig, Amriswil, Weinfelden, Wülflingen und Töss) und begann daneben auch noch Restaurants zu führen, zuerst im «Türken» in der Steinberggasse, dann ab 1908 in der «Helvetia» an der Wildbachstrasse, und ab dem 1. Juli 1920 im «Salmen» an der Marktgasse 45.

Dem „Türken“, dem Restaurant mit Laden an der Steinberggasse, waren auch ein Lesesaal und eine Arbeiterbibliothek angegliedert. In den 1920er-Jahren kamen in der Società Cooperativa auch noch eine Fürsorgekasse und ein Unterstützungsfonds für hilfsbedürftige Genossenschafter dazu. Der Betrieb im „Türken“ entwickelte sich erfreulich, sodass der Vorstand am 29. November 1906 beschloss, an der Museumstrasse 65 (heute Stadthausstrasse) ein Lebensmittelgeschäft zu eröffnen. 1908 wurde das Ladengeschäft an die Stadthausstrasse 61 gezügelt.

Die Genossenschaft erlebte Aufs und Abs. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurden die meisten Italiener zum Wehrdienst eingezogen. Sie hinterliessen Schulden, so dass die Genossenschaft die meisten Läden schliessen musste. Nach dem Krieg ging es wieder aufwärts, sie kaufte 1919 das Haus an der Stadthausstrasse 81 für ihr Ladenlokal und das Restaurant zog in den Salmen. Besonders in den 1930er-Jahren nach der Weltwirtschaftskrise und während der entbehrungsreichen Jahre des Zweiten Weltkriegs waren die günstigen Speisen der «Copi» sehr beliebt. Ihre Blütezeit erlebte sie 1956 als sie 65 Personen beschäftigte und einen Jahresumsatz von 1,7 Millionen vorzuweisen hatte. Besonders prägend für die Genossenschaft war Giuseppe Stefanini, der Vater von Bruno Stefanini. Giuseppe war 1930 bis 1966 Präsident der «Copi» und führte ab 1930 auch das Restaurant im Salmen. Das Haus „Salmen“ war seit 1889 im Besitz von Georg Schoellhorn vom Haldengut.

Giuseppe Stefanini übernahm die Leitung des Restaurants, obwohl das für ihn Neuland bedeutete, war er doch zuvor Rohrleger bei den städtischen Werken. Dass er dieser Herausforderung gewachsen war, zeigt die Dauer seiner Wirtetätigkeit. Knapp 30 Jahre, genau bis 1958, stand er diesem erfolgreichen Gasthaus mit Saal im ersten Stock und einem Sitzungszimmer noch eine Etage höher vor. Er verstarb am 15. Mai 1973. Die Lebensmittelversorgung besserte sich nach dem 2. Weltkrieg, sodass in beiden Betrieben wieder genügend Waren zur Verfügung standen. Man glaubte, dass eine Arbeitslosigkeit eintreten werde, stattdessen zeigte sich eine Zunahme der Beschäftigung in allen Gebieten und ein Mangel an Arbeitskräften machte sich bemerkbar.

Im Juli 1946 trat Aldo Stefanini als Küchenchef in den Dienst der Cooperativa. Der Gerant des Ladens Archimede Lampetti ist in den Ruhestand getreten und an dessen Stelle wurde sein Sohn Bruno gewählt. Die Verwaltung der Cooperativa beschloss im Jahre 1947, nachdem sich beide Geranten zur vollen Zufriedenheit eingesetzt hatten eine Umsatzprovision auszurichten.

Das Jahr 1948 war geprägt durch die Einführung der AHV. Ebenso wurden die letzten Rationierungen (Mehl, Reis, Oel) aufgehoben und im Laden wurde eine eigene Kaffeerösterei eingerichtet. Der Umsatz im Restaurant war indessen auf Fr. 700'000.- angestiegen, und dies veranlasste den Gerant Stefanini 1950 der Verwaltung, das neben dem Salmen gelegene Haus "Zur Eich" zu kaufen um neue Räume für die Gäste, Personal und Vorräte zu gewinnen. 1951 wurde nach den Plänen von Architekt Isler der Umbau mit dem Haus Eich realisiert. Im 1. Stock wurde ein grosser, schöner Saal mit ca. 130 und im 2. Stock das Salmenstübli mit 40 Plätzen hergerichtet. Die Kosten betrugen insgesamt Fr. 391'000.- wobei auch die Brauerei einen Teil beisteuerte. In den Jahren 1952 bis 1955 konnten verschiedene Anschaffungen wie neue Stühle, Tische, Kaffeemaschinen und Fernsehapparat getätigt werden. Auch bewilligte der Vorstand einen Kredit von Fr. 55'000.- für die vollständige Renovation des Ladens. 1967 übernahm Alfonso Hermann die Leitung des Copi-Ladens an der Stadthausstrasse. Hermann war ein langjähriger SP-Gemeinderat, der 1985/86 das Stadtparlament präsidiert hatte.

Misswirtschaft und das Aufkommen der Grossverteiler führten zu Schwierigkeiten. Das Verkaufslokal musste per Ende 1973 schliessen, ebenso das Restaurant Salmen per 30. September 1976. Das war exakt im Jubiläumsjahr „70 Jahre Coopi“. Aber es war nicht das Ende der Genossenschaft. Durch den Verkauf der Liegenschaft „Zur Eich“ neben dem Salmen wurde die „Società Cooperativa Winterthur“ auf neue Beine gestellt. Mit dem Verkaufserlös wurde ein Unterstützungsfond gegründet.

Das Haus an der Stadthausstrasse wurde im Besitz gehalten, das Ladengeschäft vermietet. 1996 konnte das Haus an der Museumstrasse 74 erworben werden. Man setzte sich zum Ziel dort eine Paninoteca (Lokal in dem hauptsächlich belegte Brötchen verkauft werden) zu betreiben.

Unruhige Zeiten entstanden durch die aufkeimende Idee im Vorstand, die „Italienita“ aus der Organisation zu vertreiben. Mit Neubesetzung des leitenden Gremiums wurde die bisherige Gesinnung gerettet und gesichert. Die italienische Solidarität in der heute rund 30 Mitglieder zählenden Genossenschaft konnte damit aufrecht gehalten werden. Die Societa’ Cooperativa ist weiterhin aktiv und mit den Erträgen aus den zwei Häuser, fördert sie die Italienische Kultur in der Schweiz und durch den eigenen “ Unterstützungsfond den sozialen Solidaritätsgedanken für die eigene Mitglieder und auch für Italofonen in der Stadt Winterthur und Umgebung. Der Versuch an der Museumstrasse eine Paninoteca zu führen verlief nicht erfolgreich. Das Lokal ist heute verpachtet und heisst Ficacceria. Italienische Gastfreundschaft steht weiterhin im Vordergrund.

Calori Antonio Calderoni Matteo Lampetti Archimede Simioni Bonifacio Valeriani Giacomo

Text: Miguel Garcia/Heinz Bächinger Fotos: Società Cooperativa Winterthur Quellen: -Elisabetta Antonelli, «Winterthurer Italianità», Landbote, 28.10.2016, S. 14. -Marisa Eggli, «Viva la Cooperativa! Viva la Copi», Stadtblatt, 2.11.2016, S. 16/17. Hinweis: Es gibt zwei Festschriften von 1981 und 2006, zum 75- bzw. 100-Jahre-Jubiläum

Bibliografie

    Societa Cooperativa Italiana

    • Einträge 1991–2010

      90 Jahre: Winterthurer Arbeiterzeitung 1996/221 von Thomas Oeschger.
      Paninoteca Copi, Museumstrasse: Stadtblatt 2000/22.
      100 Jahre: Stadtblatt 2006/44 von Marisa Eggli, 1Abb. - Tössemer 2006/4 m.Abb. - Tages-Anzeiger 2006/282. - Landbote 2006/251 1Abb. - Winterthurer Jahrbuch 2008 von Ines Meili Ott, m.Abb.


Autor/In:
Heinz Bächinger
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
27.03.2022