Öffentliche Bauten

Stadthaus

Stadthausstrasse

Der Stolz Winterthurs ist das von Gottfried Semper erbaute Stadthaus am Rande der Altstadt. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung und der zunehmenden Bevölkerungszahl entstand das Bedürfnis nach Raum für die Verwaltung, Kunst, Musik und höhere Bildung. 1863 beschloss man den Bau eines Stadthauses.


Baujahr
1869


Adresse
Stadthausstrasse
8400 Winterthur
1908: Stadthausstrasse 4a, Stadthaus Foto: winbib (Signatur 033695)
Das in den Jahren 1865 bis 1869 von Gottfried Semper (1803–79) erbaute Winterthurer Stadthaus zählt zu den herausragendsten Werken des Historismus und ist zusammen mit der Semper-Oper in Dresden sowie dem ETH-Hauptgebäude in Zürich einer der wichtigsten Bauten des grossen Architekten. 1930 wurde das Gebäude durch den Architekten Leberecht Völki um zwei Fensterachsen verlängert. Das neue Gebäude sollte präsentieren und sich aber auch einfügen in die Nachbarschaft der anliegenden Gebäude des Knabenmuseums (heute Museum Oskar Reinhart am Stadtgarten) und des Altstadt-Schulhauses. So wurde das monumentale Sandsteingebäude mit der gewaltigen Freitreppe im klassizistischen Stil erbaut. Am 30. Oktober 1870 fand die erste Bürgerversammlung im Gemeindesaal (heute Konzertsaal) statt.

Im historischen Verwaltungsgebäude befanden sich bis 2015 die Büros des Stadtpräsidenten, der Vorsteherinnen der Departement „Finanzen“ und „Sicherheit und Umwelt“ sowie die Stadtkanzlei und das Stadtarchiv. Nach dem Umzug in den Superblock sind noch das Stadtarchiv und kleinere Verwaltungseinheiten im altehrwürdigen Haus untergebracht. Im ehemaligen Bürgersaal, heute Konzertsaal, finden die regelmässigen und traditionellen Konzerte des Stadtorchesters statt. Das Gebäude war ursprünglich mit Giebelfiguren geschmückt gewesen. Über den Südgiebel setzt Semper eine Vitodura genannte antike Nemesis, die mit der Mauerkrone auf dem Haupt als Göttin der Gerechtigkeit und Schutzherrin der Stadt gekennzeichnet ist. Ihr Pendant über dem Nordgiebel ist eine Statue der Pallas Athene, der Göttin der Weisheit. Flankiert werden beide Figuren von Eck-Akroterien in der Gestalt von Greifen (geflügelten Löwen), die Weisheit und Gerechtigkeit beschützen. Die Vitodura wurde 1868 nach einem Modell von Bildhauer Robert Dorer aus Baden durch Ludwig Keiser aus Zürich ausgeführt.

Dieser realisiert nach den Entwürfen von Sempers Sohn Manfred auch die Greifen. Die Pallas Athene stammt aus der Werkstatt des Schaffhauser Bildhauers Johann Jakob Oechslin, der dafür einen Gipsabguss der Athena Giustiniani aus der päpstlichen Sammlung im Vatikan kopierte. Alle sechs Figuren wurden 1869 kurz vor Vollendung des Bauwerks aufgestellt. Der verwendete Schleitheimer Sandstein erwies sich in der wetterexponierten Situation allerdings als ungeeignetes Material. 1914 wurde der Beschluss gefasst, die Figuren in Kunststein vollständig neu zu erstellen, ein Vorhaben, das insbesondere Kunstvereinspräsident und Architekt Robert Rittmeyer in einem Gutachten forderte.

1915 wurden die Figuren aus Sicherheitsgründen entfernt und bei der umstrittenen Erweiterung des Stadthauses 1932–34 aufgrund finanzieller Überlegungen nicht mehr ersetzt. 1989 bekommt der Winterthurer Architekt Johann Frei den Auftrag, ein Projekt für die Sanierung der stark schadhaften Stadthausfassade zu erstellen. Von 2003 bis 2007 werden diese anspruchsvollen Restaurierungs-Arbeiten für 10 Millionen Franken ausgeführt. Die Stadt wollte aus finanziellen Gründen von der Neuerstellung der Giebelfiguren nichts wissen. Architekt Frei wollte das Stadthaus aber unbedingt wieder mit diesem Schmuck versehen und ergriff dazu die Eigeninitiative. Er gründete den "Förderverein Semper Stadthaus Winterthur", dem schliesslich 230 Mitglieder angehörten. Am 23. Oktober 2005 wird die von zwei Greifen bewachte 2,65 Meter grosse Vitodura dank der Initiative des Fördervereins Semper-Stadthaus Winterthur, mit Spendengeldern finanziert, wieder auf dem Südgiebel errichtet. Das neue Wahrzeichen der Stadt ist aus dem solidem Bollinger Sandstein vom oberen Zürichsee gefertigt und durch den Winterthurer Bildhauer Gregor Frehner ausgeführt. Auch die Figuren auf der Nordseite wurden wieder aufgestellt. Unter der Leitung von Gregor Frehner erarbeiteten die Steinbildhauer Urs Eggenberger und Aldo Ledergerber die Pallas Athene, die Göttin der Weisheit, aus Sandstein und die dazu gehörenden Greife. Zum Abschluss der Erneuerungsarbeiten werden am 11. August 2007 die Nachbildungen der Göttin Pallas Athene sowie zwei Greifen an ihrem angestammten Platz auf dem Nordgibel wieder einnehmen.

Bibliografie

    Stadthaus

    • Einträge ab 2011

      Hanak, Michael: Im Sinne Sempers? Lebrecht Völkis Erweiterung des Stadthauses Winterthur. In: Winterthurer Jahrbuch 2021. S. 114-118. m.Abb.

      Einträge 1991–2010

      Zentralisation Verwaltung, Auszug aus Stadthaus: Landbote 2006/207.
      Neue Verwendung? Landbote 2006/208 1Abb., 210 Nutzungsvorschläge, 1Abb.
      Entwurf Semper, in: röhlich, Martin:Gottfried Semper am Zeichenbrett : Architektur Entwerfen inder zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts / von MartinFröhlich ; hrsg. von der Kantonalen Denkmalpflege. - Zürich; Egg : Fotorotar AG, 2007. - (Monographien Denkmalpflege;5).
      Denkmal für demokratische Revolution: Landbote 2007/193 von Christian Jossi, 1Abb.

    Stadthaus. Sanierung

    • Einträge 1991–2010

      Fassade: Landbote 1995/149.
      Grosser Saal: Landbote 1996/221, 250 m.Abb., 252 1. Konzert, 1Abb. - NZZ 1997/251 S.53 1Abb. - Zürcher Oberländer 1997/252 1Abb.
      Aussen-Renovation: Landbote 2001/159, 2003/216 Subventionen, 2004/136 Beschwerde, 1Abb. - Kunst + Stein 2004/5 S. 20-23 Naturstein-Restaurierung am Beispiel des Stadthauses von Winterthur, von Konrad Zehnder, m.Abb.
      Säulen: NZZ 2005/138 1Abb.
      Fassade. Letzte Etappe: Landbote 2007/66 1Abb. - Aussenrenovation 2002-2007 Stadthaus Winterthur / von Ina Hirschbiel Schmid. Winterthur : Amt für Stadtebau, 2008. (18 S.) : Ill.
      Konzertsaal. Sanierung: Winterthurer Jahrbuch 2006 Akustik, Interview mit Eckhard Kahle, m.Abb. - Landbote 2009/17 1Abb. - Anträge, Anfragen und Interpellationen des Grossen Gemeinderates Winterthur 2009/11 m.Plänen. - Landbote 2009/63, 223 1Abb.
      Farbanschlag: Landbote 2010/100 Abb..

    Stadthaus. Giebelfiguren

    • Einträge ab 2011

      Sekanic, Aleks: Vitodura. Winterthur, verkörpert. In: Coucou, Nr. 102 (2021). S. 9-13. m.Abb.

      Einträge 1991–2010

      Rekonstruktion: Kunst und Stein 1994/4 von Gregor Frehner, m.Abb.
      Förderverein Semper Stadthaus: Stadtblatt 2003/48 von Jürg Rüttimann, 1Abb. - Tages-Anzeiger 2004/64. - Landbote 2004/137 1Abb. - NZZ 2004/138 S. 57 1Abb., 291 S. 27. - Andelfinger Zeitung 2004/94 m.Abb.
      Vitodura aus Schokolade: Landbote 2004/282 1Abb.
      Touristen-Attraktion: Landbote 2005/133 1Abb.
      Johann Frei, Architekt und Präsident des Fördervereins: Landbote 2005/137 1Abb.
      Tages-Anzeiger 2005/207 1Abb., 243 1Abb. - Landbote 2005/207 1Abb., 247 S. 3 + 14, m.Abb., 248 1Abb. - NZZ 2005/248 S. 31 1Abb.
      Figuren Nordseite; Athene : Winterthurer Jahrbuch 2006 von Gregor Frehner und Andreas Wolfensberger (Fotos), m.Abb. - Landbote 2006/115, 287 1Abb., 2007/180 m.Abb., 191 m.Abb., 194 Leserbriefe Attribute, m.Abb. - Tages-Anzeiger 2007/189 1Abb. - NZZ 2007/180 S. 44 1Abb. - Auftakt 2008/Januar von Johann Frei, 1Abb.


Autor/In:
Heinz Bächinger
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
15.02.2023