Burgen, Schlösser und Stadtbefestigung

Burgruine Alt-Wülflingen

Spätestens seit dem 11. Jahrhundert stand auf dem Hügel südlich von Wülflingen eine Wehranlage. Der Turm wurde Mitte des 13. Jahrhunderts gebaut. Nach wechselnden Besitzverhältnissen gehört die Burgruine seit 1761 der Stadt Winterthur. Dank mehrerer Sanierungsarbeiten ist der Turm heute als Aussichtsturm öffentlich zugänglich.


Baujahr
Turm: 13. Jahrhunder


Adresse
Kaspar-Weinmann-Strasse 24.1
8408 Winterthur

Im Jahr 1678 wurde die Herrschaft Wülflingen von der Burg in das neu gebaute Schloss Wülflingen verlegt. In der Gerichtsstube des Schlosses ist ein Bild der Burg abgebildet, entstanden vermutlich um 1800.
Foto: winbib (Signatur 112836)

Der Wehrturm der Burg Alt-Wülflingen heute

Der Turm auf dem Hügel über dem linken Tössufer ist 18 Meter hoch. Die Sandsteinmauern sind im unteren Bereich zwischen 168 und 225 cm dick. 76 Treppenstufen führen über eine äussere Treppenanlage aus Holz und eine Wendeltreppe aus Stahl im Innern des Turms zur Aussichtsplattform auf 15 Meter Höhe. Das nachträglich installierte Dach schützt das Mauerwerk vor eindringendem Wasser.

Geschichte

Bereits vor dem Bau des heute sichtbaren Wehrturms gab es auf dem Hügel südlich von Wülflingen eine Wohnanlage mit Wehrbauten. Die genaue Form dieser Anlage ist heute nicht mehr feststellbar. Im 11. Jahrhundert war die Burg im Besitz von Willebirg von Wülflingen. Über ihre Tochter Adelheid gelangte sie in den Besitz des süddeutschen Adligen Kuno von Achalm, der seine Residenz auf die Burg verlegte und sich fortan Kuno von Wülflingen nannte. Urkundlich ist nachgewiesen, dass Kaiser Heinrich III. im Jahr 1056 seinen Onkel, den Bischof Gebhard III. von Regensburg in der Burg gefangen hielt, weil dieser in ein Mordkomplott gegen ihn verwickelt war.

Ab den 1230er-Jahren war die Burg in habsburgischem Besitz. Die Habsburger besetzten sie durch Dienstleute, was dazu führte, dass verschiedenste Ministerialengeschlechter nacheinander die Burg bewohnten.

Zwischen 1230 und 1260 wurde der Wehrturm gebaut. Dank der guten Lage auf dem steilen Hügel über der Töss, der im Mittelalter wahrscheinlich noch nicht bewaldet war, brauchte man zur Verteidigung der Anlage keine Schutzgräben. Das Tor in der Nordwand befand sich 9 Meter über dem Boden und war über eine Aussentreppe mit Laube zugänglich.

Im 14. und 15. Jahrhundert wurden Wohnbauten an den Wehrturm angefügt. Östlich des Turms sind heute noch Fragmente davon erhalten und in der Turmmauer sind Vertiefungen für die Balken sichtbar. Der Fischweiher, den Ritter Heinrich von Rümlang 1488 bei der Burg anlegte, ist heute nicht mehr sichtbar. Der befestigte Burghof diente auch als Fluchtburg.

Ab 1461 hatte die Stadt Zürich die Steuer- und Militärhoheit über Wülflingen. Im Jahr 1528 übernahm die Gemeinde Wülflingen die Herrschaft über die Burg, hatte jedoch kein Interesse daran, das Gebiet selbst zu verwalten. Deshalb verkaufte sie die Gerichtsherrlichkeit an Hans Steiner von Zug, der bereits die Herrschaft Pfungen besass.

1634 wollte die Stadt Winterthur Wülflingen kaufen, aber der Zürcher Rat wollte ein zu mächtiges Winterthur verhindern und verkaufte die Herrschaft samt der Burg an Hans Hartmann Escher. Dieser liess das Schloss Neu-Wülflingen bauen und verlegte 1678 seinen Wohnsitz dorthin. Für den Neubau des Schlosses verwendete er Materialien der Burg.

Der Turm der Burg Alt-Wülflingen diente bis ins 18. Jahrhundert noch als Gefängnis mit Richtkammer und Folterwerkzeugen, bevor er ganz aufgegeben wurde.

Instandhaltungsmassnahmen

Im Jahr 1761 wurde die Stadt Winterthur Eigentümerin der Burganlage, von der bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts nicht viel mehr als eine Ruine des Turms übrig war. Erste Instandstellungsarbeiten wurden ab 1860 unternommen. Eine Inschrift an der Nordwestfassade bezeugt eine weitere Renovation des Turms im Jahr 1872. 1895 wurde der Turm mit einem Dach abgedeckt.

Umfangreiche Sanierungsarbeiten fanden im Jahr 1936 statt. Das Dach wurde wieder entfernt und die Mauerkrone gesichert. Ein ebenerdiger, nachträglicher Zugang wurde geschlossen. Im Jahr 1980 wurde die Burgruine Alt-Wülflingen ins überkommunale Inventar als Schutzobjekt von kantonaler Bedeutung aufgenommen.

Von 1982 bis 1984 wurde zuerst das Turminnere archäologisch untersucht und anschliessend das Mauerwerk umfassend saniert. Nach historischen Vorlagen wurde der Hocheingang durch eine äussere Treppenanlage mit Laube wieder zugänglich gemacht. Auch aus dieser Zeit stammt die Aussichtsplattform, die über eine Stahlkonstruktion mit Wendeltreppe und Gitterrosten zugänglich ist.

Ein Forstwart stellte bei einer Sicherheitskontrolle im Jahr 2013 Risse und bauchige Stellen im Mauerwerk fest. Deshalb wurde von 2015 bis 2018 eine umfassende Sanierung und statische Sicherung durchgeführt. Der Turm erhielt ein Schutzdach, um weiteres Eindringen von Wasser zu verhindern, das durch Gefrieren die Risse und Hohlräume verursacht hatte. Gleichzeitig wurden auch archäologischen Voruntersuchungen durchgeführt. Geophysikalische Vermessungen des Plateaus ermöglichten es, die ehemaligen Standorte eines Sodbrunnens, der Mauern im Nordwesten der Anlage und weiterer Gebäude festzustellen. Zudem fand man Mauerreste der Nebengebäude und des Tors im Südosten der Anlage. Im September 2018 konnte die Aussichtsplattform wieder eröffnet werden.


Benutzte und weiterführende Literatur

Widmer, Fabienne: Winterthur, Burgruine Alt-Wülflingen. In: Weber, Gaby (Hrsg.): Zürcher Denkmalpflege - 24. Bericht 2017-2018, Basel 2024. S. 246-253.
Rentsch, Hans: Winterthurer Schlossführer, Winterthur 1987.
Hauswirth, Fritz: Burgen und Schlösser der Schweiz. Band 4, Zürich, Schafhausen, Kreuzlingen 1979.
Ziegler, Peter: Wülflingen. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. 305. Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Winterthur, Winterthur 1975.
Gubler, Hans Martin: Schlösser Wülflingen, Hegi und Mörsburg bei Winterthur, Basel 1974.
Stauber, Emil: Die Burgen des Bezirkes Winterthur und ihre Geschlechter. 285. Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Winterthur, Winterthur 1953.

Bibliografie

    Burgruine Alt-Wülflingen

    • Einträge ab 2011

      Schäpper, Tamara: Die Ruine Alt-Wülflingen wahrt ihre Geheimnisse. In: Winterthurer Zeitung, Nr. 38 (2017). S. 7.
      Weber, Bruno: Hundert Zürcher Ansichten, Zürich 2017. S. 230-231. m.Abb.
      Widmer, Fabienne: Winterthur, Burgruine Alt-Wülflingen. In: Weber, Gaby (Hrsg.): Zürcher Denkmalpflege - 24. Bericht 2017-2018, Basel 2024. S. 246-253. m.Abb.

      Einträge 1991–2010

      Monika Roth-Buess. Erlebnis Tösstal, Höhlen, geologische Sehenwürdigkeiten, Burgen und Ruinen. Von M. R.-B. und Franziska Wittenwiller. Elgg, 1998, S. 54, 1Abb.
      Funde aus Raubgrabung: Archäologie im Kanton Zürich : 2003-2005. Red. : Josef Gisler; Markus Stromer - Zürich ; Egg, 2006. (Berichte der Kantonsarchäologie Zürich ; 18) S. 52


Autor/In:
Sarah Schmidt
Letzte
Bearbeitung:
04.06.2025