Anlässe, Brauchtum und Feste

Grand Prix Chlösterli

Seifenkistenrennen (1979–2016)

Zwischen 1979 und 2016 fand in Winterthur-Oberseen jedes Jahr der Grand Prix Chlösterli statt – ein von der Pro Juventute organisiertes Seifenkistenrennen für Kinder und Jugendliche. Auf der rund 600 Meter langen Strecke zwischen dem Chlösterli und der Weierhöhe fuhren selbstgebaute Kisten mit bis zu 60 km/h ins Ziel.


Letztes Rennen
2016

Gründungsdatum
1979


Der Grand Prix Chlösterli fand 1979 zum ersten Mal statt und wurde von der Pro Juventute und der städtischen Quartierentwicklung im Rahmen des Ferienprogrammes iniitiert. Kinder und Jugendliche trafen sich an sechs aufeinanderfolgenden Mittwochnachmittagen und bauten ihre Seifenkiste. 
Foto: winbib, Hans Rudolf Keller (Signatur FotLb_000430)

Ein Seifenkistenrennen in Oberseen

Der Grand Prix Chlösterli fand im Sommer 1979 zum ersten Mal auf der Strecke Chlösterli–Weierhöhe beim Iberg in Seen statt. Dabei handelte es sich um ein Seifenkistenrennen, das von der Pro Juventute und der Stelle für Gemeinwesensarbeit (heute Quartierentwicklung) als Teil des Feriensportprogramms organisiert wurde. Federführend als Rennleiter war lange Zeit Paul Coulin.

Schon einige Monate vor dem Rennen begannen die Vorbereitungen: In den Kursräumen der Pro Juventute bauten die zukünftigen Rennfahrer:innen ihre Seifenkisten für die rund 600 Meter lange, leicht abschüssige Strecke. Später wurde die Seifenkistengarage ins alte Busdepot verlegt. Rund 40 Höhenmeter beträgt der Unterschied zwischen Start und Ziel. Damit die Gefährte nicht schon beim Start auseinanderfielen, bauten die Teams unter fachkundiger Anleitung eines Sulzer-Lehrlings ein geschweisstes Einheitschassis. Dieses wurde dann auch von der Polizei auf seine Fahrtüchtigkeit überprüft und bildete die Grundlage für die weitere Gestaltung. Die Kinder verpflichteten sich damit, während sechs Mittwochnachmittagen gemeinsam an ihren Fahrzeugen zu arbeiten.

1982 nahmen 108 Kinder in 18 Gruppen à sechs Personen teil – darunter erstmals auch eine Mädchengruppe. Mit ihren Kisten erreichten die Jugendlichen eine Spitzengeschwindigkeit von bis zu 40 km/h. Das Rennen bildete meist den fulminanten Schlusspunkt des Ferienprogramms. Die Mannschaften mit den schnellsten drei Seifenkisten durften ihre Medaillen von Stadtrat Martin Haas (FDP) persönlich entgegennehmen.

Da das Rennen nur bei schönem Wetter stattfinden konnte, liefen bei der Telefonnummer 181 jeweils am Tag davor die Drähte heiss. In Zeiten vor der Digitalisierung war die telefonische Veranstaltungsauskunft eine der wichtigsten Informationsquellen für die Bevölkerung.

Aufrüsten bei den Seifenkisten

Der technologische Fortschritt machte auch vor den Seifenkisten nicht halt. 1984 sorgte die aerodynamische «Pünktli-Chischte» für Schlagzeilen. Das Gefährt galt als Favorit, musste sich aber gegen den «Silver-Jet» geschlagen geben. Die Kisten erreichten mittlerweile schon bis zu 60 km/h und basierten im Kern immer noch auf dem ursprünglichen Einheitschassis. 

Der Grand Prix Chlösterli etablierte sich als feste Grösse im Sommerprogramm. 2009 feierte er sein 30-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass liess sich Stadtpräsident Ernst Wohlwend (SP) mit Helm und Handschuhen ausrüsten und in einem nachgebauten Gelenkbus die Strecke herunterchauffieren. Der Anlass zog inzwischen über 2000 Kinder und Jugendliche an.

Nachfolgesorgen

Der Grand Prix Chlösterli war auch dreissig Jahre nach dem ersten Rennen ein beliebtes und Auch dreissig Jahre nach dem ersten Rennen war der GP Chlösterli ein beliebtes und erfolgreiches Format. Trotzdem machten sich Nachfolgeprobleme bemerkbar. Geri Abgottspon hatte 1997 die Rennleitung von Paul Coulin übernommen und wollte sich 2010 aus dem Ehrenamt zurückziehen. Erst in letzter Minute konnte ein Nachfolger gefunden werden – das Rennen war gerettet. Inzwischen war der Anlass schon fast zur Hälfte in Frauenhand: 2011 nahmen erstmals mehr Mädchen als Jungen teil. Sie stammten alle aus Seen und den umliegenden Dörfern.

2012 löste sich der kantonale Pro-Juventute-Verein auf – ein wichtiger Sponsor fiel damit weg. Die städtische Quartierentwicklung sprang in die Bresche und übernahm die Defizitgarantie. Dennoch standen weniger finanzielle Mittel zur Verfügung. Auch die Anmeldezahlen gingen zurück, nicht zuletzt, weil das ursprüngliche Ferienprogramm abgeschafft worden war. Immer wieder wurde der GP totgesagt – und immer wieder lebte er wieder auf.

Für neuen Schwung sollte eine Konzeptänderung sorgen: Das gemeinsame Bauen entfiel, stattdessen baute ein Team von Freiwilligen 25 neue Kisten, die für künftige Rennen bereitgestellt wurden. Trotz dieser Massnahmen blieb der organisatorische Aufwand zu hoch – 2016 fand der letzte offizielle Grand Prix Chlösterli auf der Weierhöhe statt.

Sekundarschüler bringt GP zurück

2024 liess der Sekundarschüler Lennox Spühler das Rennen im Rahmen seiner Abschlussarbeit an der Sekundarschule Oberseen in einer kleineren Version wieder aufleben. Finanziert hat er den Anlass aus seinem Sackgeld und mit Hilfe von Sponsoren und Helfern. Das Rennen fand allerdings nicht auf der Originalstrecke, sondern auf der Gotzenwilerstrasse statt.


Benutzte und weiterführende Literatur

Herter, David: Der Grand Prix Chlösterli lebt nochmals auf, in: Seemer Bote, Juni 2024.
Herter, David: Der Grand Prix Chlösterli kehrt zurück, in: Der Landbote, 04.07.2024.

Peter, Bea: Mit viel Geschick zur schnellen Kiste, in: Der Landbote, 08.03.2011.
c.l. Aerodynamik noch kaum bestimmendv, in: Neue Zürcher Nachrichten, 02.05.1984.
o.A.: Grand Prix Chlösterli, in: Neue Zürcher Nachrichten, 16.04.1983.

Bibliografie

    Seifenkisten-Rennen

    • Einträge 1991–2010

      Iberg. Grand Prix Chlösterli: Landbote 2003/113 m.Abb.
      Veltheim. Auf Talfahrt: Landbote 2009/225 1Abb.
      Grand Prix Chlösterli. Letzter? Landbote 2010/66 1Abb.


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
19.07.2025