Musik und Theater

Theater Kanton Zürich

Scheideggstrasse 37

Das Theater Kanton Zürich (TZ) ist ein professionelles, vom Kanton Zürich subventioniertes Tournéetheater mit eigener Spielstätte und Ateliers im Winterthurer Gewerbequartier Grüze. Sein Ensemble tritt mit seinen Stücken in den Landgemeinden des Kantons auf.


Gründungsdatum
1971


Adresse
Theater Kanton Zürich
Scheideggstrasse 37
8404 Winterthur

Theater in die Landgemeinden bringen. Dieses Kernanliegen verfolgt das 1971 gegründete Theater Kanton Zürich bis heute. Neben einer eigenen mobilen Bühne und der Spielstätte in Winterthur nutzt das Ensemble auch lokale Infrastrukturen wie Aulen, Turnhallen und Gasthäuser. Es zeigt damit, dass Theater grundsätzlich überall stattfinden kann und nicht auf städtische Zentren beschränkt sein muss.
Foto: winbib, Andreas Wolfensberger Signatur (FotDig_WolfA_0464)

Ein Wandertheater für das Volk

Am 16. Juni 1971 fand die Gründungsversammlung der Genossenschaft Theater für den Kanton Zürich (GTZ) in Winterthur statt. Die Genossenschaft bezweckte urpsrünglich bekannte Stücke der Weltliteratur in Form eines Wandertehaters in die Gemeinden und damit zu den Leuten zu tragen. Diese Aufgabe übernahmen bisher die grösseren städtischen Theater mit einzelnen «Landvorstellungen». Dieser Zustand empfand die Genossenschaft jedoch als ungenügend. Erster Präsident war Roland Leemann und Vizepräsident der damalige Stadtpräsident Urs Widmer (FPD). Zu den Gründungsmitgliedern gehörten Ernst Brunner, Marta Bucher, Fritz Büsser, Alex Freihart, Anton Jegen, Roland Leemann, Theodor Weilenmann, Urs Widmer, Margrit Winter und Initiant Reinhart Spörri.

Die Genossenschaft verkaufte ihre Tickets zu festgelegten Preisen an die jeweiligen Theaterkomissionen, Schulbehörden sowie an Industriebetriebe und Private in den Gemeinden. Finanziert wurde das Theater anfänglich durch Anteilsscheine, die vor allem von den Gemeinden gezeichnet wurden und einem Kulturförderungskredit des Kantons Zürichs.

Die erste Aufführung fand am 1. Oktober 1971 in Fischenthal statt. Dort spielte die Gruppe Kleists «Zerbrochener Krug». Ursprünglich umfasste das Ensemble 18 Personen, darunter befanden sich bekanntere Schauspielende wie etwa Margrit Winterthur, aber auch Nachwuchstalente. Als Regisseure wirkten Alex Freihart, Jörg Schneider und Reinhart Spörri, wobei letzterer bald die Oberleitung übernahm. In der ersten Saison realisierte die Genossenschaft bereits 145 Vorstellungen.

Chronische Geldnöte

Während die Bühnenstücke beim Publikum für grossen Anklang sorgten, klaffte in der Theaterkasse ein immer grösseres Loch. 1975 stand die Genossenschaft kurz vor dem Konkurs. Das Defizit betrug damals über 400'000 Franken. Der Kanton weigerte sich zu diesem Zeitpunkt mehr Beiträge zu leisten und nahm stattdessen die einzelnen Gemeinden in die Pflicht. Zur Hilfe eilte die damals äusserst kulturfreundliche Gemeinde Bülach. Sie lancierte die Aktion «50 Rappen pro Einwohner» für das Theater und hoffte, dass andere Gemeinden dem Beispiel folgen würden. Dennoch spitzte sich die Situation zu, sodass der Vorstand im Mai 1975 eine ausserordentliche Generalversammlung einberufen musste, wo er den Antrag auf Auflösung und Liquidation der Genossenschaft stellte. Die Generalversammlung entschied jedoch anders und hiess einen Sanierungsplan und eine Statutenänderung gut.

Unermüdlich wurde an die Gemeinden und die Schulbehörden appelliert sich mit dem Theater zu Solidarisieren. Auch die Presse und Radiostationen wurden beinbezogen. Die Massnahmen zeigten Wirkung: Im Juli 1975 verkündete der damalige Finanzchef Gottlieb Wolfensberger erleichtert: «Das Wunder ist eingetreten». Neben den Gemeinden waren es Private Spender und die Zürcher Kantonalbank, die alleine 100'000 spendete, die den Ausschlag gegeben hatten. Trotz der Rettung blieben die Finanzen auch in den Folgejahren angespannt. Erst 1987 konnte die Genossenschaft erstmals eine ausgeglichene Betriebsrechnung präsentieren. Damals bestand die Genossenschaft aus 106 Gemeinden und 550 Privatpersonen. Zu den wichtigsten Sponsoren zählten die Zürcher Kantonalbank, die Pro Helvetia und der Migros-Genossenschaftsbund.

Schwierige Stabsübergabe

24 Jahre lang prägte Regisseur Reinhart Spörri die Geschicke des Theaters. Auf ihn folgte Markus Emmenegger. Die Übergabe zwischen amtierenden Leiter und Nachfolger gestaltete sich als schwierig und schon bald kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Spörri, dem Ensemble und dem Vorstand. Letzterer entschied daraufhin Spörri vorzeitig in die Pension zu entlassen, was heftige Gegenwehr auslöste. Die Auseinandersetzungen gipfelten 1995 in einen offenen Schlagabtausch an einer Ausserordentlichen Generalversammlung.

Das Wandertheater überstand jedoch die internen Auseinandersetzungen und setzte mit einem neuen Logo, dem neuen Nahmen «Theater Kanton Zürich» und dem neuen Leiter auf eine Öffnung und Verjüngung der Genossenschaft. Weiter stellte man mit Peter Arnold erstmals einen eigenen Dramaturgen an. 

Angriffe, Geldsorgen und Krisen

In den 1990er-Jahren herrschten wirtschaftlich angespannte Zeiten. Die Gemeinden zogen ihre Sparschrauben an und darunter litt auch der Kultursektor. Es entbrannte ein Verteilkampf um die Subventionen. Als der damalige Leiter des Opernhauses eine Erhöhung der Subventionen um 4.5 Millionen Franken für sein Opernhaus zur Überlebensfrage erklärte, reagierte das kleine Theater Kanton Zürich mit einem Frontalangriff. Neben dem Obernhaus ist nämlich das Theater Kanton Zürich die einzige Kulturinstitution, für die der Kanton Zürich die finanzielle Verantwortung trägt. Die Frage nach der Subventionspraxis beschäftigte in der Folge auch die Zürcher Regierung.

Das Theater Kanton Zürich rutschte derweil abermals tief in die roten Zahlen. 1998 stand er kurz vor der Schliessung. Der Zürcher Kantons- und Regierungsrat bekannte sich schliesslich zum Wanderzheater und richtete einen ausserordentlichen Unterstützungsbeitrag von 400'000 Franken zur Sanierung des Theaters aus. Gleichzeitig liess er eine Betriebsanalyse erstellen. In diesem Zusammenhang löste der Vorstand alle Arbeitsverträge der 30 Mitarbeitenden vorsorglich per Sommer 1999 auf, um sie danach neu zu verhandeln. Die Analyse kam zum Schluss, dass das Theater erheblich mehr Subventionen benötigt und professionalisiert werden muss, um längerfristig bestehen zu können. Der Kanton Zürich stockte daraufhin die Subventionen auf 1.35 Millionen Franken auf und das Theater Kanton Zürich wurde einer umfassenden Reorganisation unterzogen. In diesem Zusammenhang kam es auch zu einer strategischen Kurskorrektur, denn ab Ende der 1990er-Jahre spielte das Theater Kanton Zürich vermehrt in seiner Heimstätte auf dem SIDI-Areal, womit aber der Fokus von den Gemeinden abgezogen wurde, die jedoch das finanzielle Rückgrat des Theaters bildeten. Der Vorstand trennte sich vom Künstlerischen Leiter Markus Emmenegger und formulierte darauf erstmals seit dem Bestehen des Theaters ein Pflichtenheft für diese Position. Die Stelle übernahm darauf der Regisseur Jordi Vilardaga.

Das Theater Kanton Zürich wird umgekrempelt

Unter Jordi Vilardaga, der ursprünglich einen Zweijahresvertrag hatte, blieb beim Theater Kanton Zürich kein Stein auf dem anderen. Als eine der ersten Massnahmen liess er das Wandertheater wortwörtlich entrümpeln: Alte Requisiten, Bühnebilder und auch Akten verschwanden in der Mulde. Für den Wandel stand auch die Etablierung eines neuen Logos und auch das hauseigene Mitteilungsblatt «Schauplatz» erhielt eine Generalüberholung. Das Theater Kanton Zürich verabschiedete sich von den aufwendigen und schweren Bühnenbildern und setzte fortan auf «Theater im Leeren Raum». Alles sollte leichter und mobiler werden.

Die Massnahmen zeigten bald Wirkung: Das Theater schrieb schwarze Zahlen und die Buchungen nahmen wieder zu. Der Vertrag mit Vilardaga wurde daraufhin verlängert. Unter seiner Leitung entwickelte sich die Wanderbühne allmählich zu einem etablierten und modernen Theaterunternehmen.

Ein neues Zuhause für das Theater Kanton Zürich

Seit 1980 war das Theater Kanton Zürich im SIDI-Areal eingemietet. 2005 musste die Wanderbühne das Areal verlassen. Nach längerem Suchen wurde das Theater in einer grossen Halle der ehemaligen Druckerei Winterthur in der Nähe der Eishalle fündig. Für die erforderlichen Umbaumassnahmen bewilligte der Kantonsrat 1.5 Millionen Franken.

2010 übernahm Rüdiger Burbach die künstlerische Leitung des Theaters Kanton Zürich und löste damit Jordi Vilardaga ab. Letzter blieb aber Winterthur treu und gründete die Genossenschaft Theater Ariane.

Junges TZ schafft den Durchbruch

Mehrmals versuchte die Wanderbühnen ein eigenes Jugendtheater aufzubauen. Der Durchbruch gelang dem Theater Kanton Zürich anlässlich des 50-jahre Jubiläums mit der Gründung des Jungen TZ. Ein weiterer Höhepunkt bildet das jährlich stattfindende Freilichttheater. Dafür verfügt das Theater Kanton Zürich über eine eigene mobile Bühne samt Zuschauertribüne. Neben dem eigenen Theatersaal und der mobilen Bühne spielt das Theater Kanton Zürich auch in Turnhallen, Aulen und Gastwirtschaften. Es gibt kaum einen Ort, wo sie nicht Theater machen können. 


Benutzte und weiterführende Literatur

Dworschak, Helmut: Theater in Winterthur: Mehr Geld für das Theater Kanton Zürich, in: Der Landbote, 19.11.2023.
Schmid, Jürg: Die Wanderbühne zieht um, in: Tages-Anzeiger, 03.05.2004.
Girschweiler, Heinz: Das Theater sucht eine neue Heimbasis, in: Tages-Anzeiger, 24.10.2003.
Walter, Niels: Die Wanderbühne ist über dem Berg, in: Tages-Anzeiger, 26.09.2000.
Walter, Niels: Grosser Umbau hinter den Kulissen, in: Tages-Anzeiger, 30.09.1999.
Muscionico, Daniele: Theater Kanton Zürich: Stunde der Entscheidung, in: Neue Zürcher Zeitung, 22.02.1999.
M.D.: 30 vorsorgliche Kündigungen beim Theater Kanton Zürich, in: Neue Zürcher Zeitung, 19.08.1998.
Aks.: «Schlankheitskurs» für das Theater Kanton Zürich, in: Neue Zürcher Zeitung, 16.05.1998.
Schiller, Christian: Bühne frei in der alten Druckerei, in: Der Landbote, 20.10.2005.
Stü.: Kulturförderung zwischen Ausgleich und Spardruck, in: Neue Zürcher Zeitung, 20.03.1998.
M.D.: Das TZ: Ende gut, alles gut?, in: Neue Zürcher Zeitung, 02.10.1995.
Stü: Ernsthafter Krach, in: Neue Zürcher Zeitung, 08.07.1995.
Stü. Wanderbühne am Wendepunkt, in. Neue Zürcher Zeitung, 04.03.1995.
Web. Vorzeitiger Leitungswechsel, in: Neue Zürcher Zeitung, 28.02.1995.
NZN: Erstmals seit Jahren ausgeglichene Betriebsrechnung, In: Neue Zürcher Nachrichten, 03.09.1987.
Gy.: Theater für den Kanton Zürich vor dem Neubeginn, in: Neue Zürcher Nachrichten, 07.07.1975.
Ba. Letzte Galgenfrist für das Theater Zürich, in: Neue Zürcher Nachrichten, 30.05.1975.
N.: Sein oder Nichtsein beim TZ, in: Neue Zürcher Nachrichten, 17.03.1975.
Rdk: Bühne ohne Geld. Die Situation des Theaters für den Kanton Zürich, in: Neue Zürcher Zeitung, 11.03.1973.
Fr.: Mit dem Theater dem Publikum entgegenreisen, in: Neue Zürcher Nachrichten, 18.09.1971.
Sda.: Genossenschaft Theater für den Kanton Zürich, in: Neue Zürcher Zeitung, 19.06.1971.

Bibliografie

    Theater Kanton Zürich

    • Einträge 1991–2010

      Jubiläumspremière "Der zerbrochene Krug": Landbote 1991/225 1Abb. - NZZ 1991/226 1Abb. - Schw. Illustrierte 1991/41 Hauptdarsteller Matthias Gnädinger, m.Abb.
      Überlebensaktion: Landbote 1993/133.
      Sponsoring: Landbote 1993/227.
      Neuer Leiter: Weinländer Zeitung 1994/114.
      Unterwegs mit dem TZ: Weinländer Zeitung 1995/79 von Andrea Casalini.
      Neuer Name: Landbote 1995/226.
      Gemeinden streichen Beiträge: Tages-Anzeiger 1996/27 [Winterthurer Dok.1996/9].
      Neuerungen: Landbote 1995/237.
      25 Jahre: Stadtanzeiger 1996/17. - Kultur-Spiegel 1996/17. - Winterthurer Arbeiterzeitung 1996/95. - Zürcher Oberländer 1996/96. - Jubiläumsaufführung mit Reinhard Spoerri: Tages-Anzeiger 1996/138 1Abb. - Landbote 1996/94, 228.
      25 Jahre: Landbote 1997/118 Sonderbeilage, 123 m.Abb. - Weinländer Zeitung 1997/60. - Winterthurer Jahrbuch 1998 S.118 ff. Thalia in Krähwinkels Säli, von Alex Freihart, m.Abb.
      Uraufführung Urs Richle "Das Loch in der Decke der Stube": NZZ 1997/71 S.54. - Winterthurer Arbeiterzeitung 1997/59.
      Subventionen: Winterthurer Arbeiterzeitung 1997/176.
      Weg aus Krise: Landbote 1998/92.
      Schuldensanierung: Landbote 1998/127, 130, 190, 1999/39. - Protokolle Zürcher Kantonsrat 1998 S.12371 ff. - Stadtblatt 1999/10.
      Einbindung in Kulturleben Winterthur: Anträge, Anfragen und Interpellationen des Grossen Gemeinderates Winterthur 1998/47.
      Tages-Anzeiger 1999/45. - NZZ 1999/44.
      Rücktritt Markus Emmenegger und Peter Wehrli: Pulcinella 1999/68 m.Abb., 69 von M. E., 70. - Landbote 1999/77. - NZZ 1999/77. - Zürcher Oberländer 1999/77. - Première 1998/99 Nr. 3. [Winterthurer Dok. 1999/21].
      Neue Gesamtleiterin: Jordi Vilardaga (1963-): Pulcinella 1999/69 1Abb. - Landbote 1999/85.- NZZ 1999/86 S.46 1Abb. - Stadtanzeiger 1999/16 1Abb.
      Umbruch: Tages-Anzeiger 1999/227 1Abb. [Winterthurer Dok. 1999/43].
      Landbote 2000/120.
      Uraufführung im Siditheater "Mietshaus", von Stefan Colombo. - Tössthaler 2003/24 1Abb.
      Umzug aus Sidiareal in Gebäude Druckerei Winterthur: Tages-Anzeiger 2004/101 1Abb. - Landbote 2004/101 m.Abb.,2005/38 +Austritt von Gemeinden. - Stadtblatt 2005/36.
      In der Druckerei: Landbote 2005/245 1Abb.
      Kündigung Leiter Jordi Vilardaga: Landbote 2007/296 m.Abb. , 2008/239 10. Spielzeit, 1Abb.


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
13.10.2025