Natur und Pärke
Volière im Lindengutpark (Stadtvolière)
Römerstrasse 6
Im Lindengutpark steht seit 1955 die einzige öffentliche Volière der Stadt. Die Ornithologische Gesellschaft Winterthur betreut diese. Seit 2015 finanziert sich die Volière privat durch Spenden. In der Volière leben etwa 30 verschiedene Vogelarten aus aller Welt.
Adresse
Volière im Lindengutpark
Römerstrasse 6
8400 Winterthur
vor 1900: Adlerstrasse 2b, Villa Adlergarten, mit Volière
Foto: winbib (Signatur 041697)
Vom Wunsch zur Wirklichkeit – der lange Weg zur Stadtvolière
Seit 1937 setzte sich die Ornithologische Gesellschaft Winterthur (OGW) für den Bau einer öffentlichen Volière ein. Zuerst schlug sie den Stadtpark als Standort vor. Doch während des Zweiten Weltkriegs verfolgte man das Vorhaben nicht weiter. Als 1947 eine Umgestaltung des Stadtparks zur Diskussion stand, griff man das Anliegen erneut auf. Die städtische Baukommission lehnte den Bau jedoch aus Spargründen ab. Stattdessen schlug sie die Umnutzung der alten Geflügelanlage bei der Villa Sonnenberg vor. Dort sollten ein Ententeich, ein Taubenhäuschen sowie eine Anlage für Nutz- und Ziergeflügel entstehen. Die OGW bevorzugte jedoch den zentral gelegenen Lindengutpark als neuen Standort.
Der Stadtrat lenkte ein und liess einen ersten Entwurf von der Stadtgärtnerei ausarbeiten. Die Volière hätte direkt entlang der heuten General-Guisan-Strasse realisiert werden sollen. Die OGW hielt den Standort für ungeeignet und schlug vor, den leerstehenden Geflügelhof und das Treibhaus im Lindengut umzubauen. Um der Stadt entgegenzukommen, verpflichtete sich die Gesellschaft, das nötige Personal für die Pflege und Versorgung der Tiere zu stellen und die Vögel zu beschaffen. Die Stadt übernahm die Finanzierung des Baus.
Am 5. Juli 1952 genehmigten die Stimmberechtigten den Kredit für eine Toilettenanlage und den Umbau zur Volière. 1955 konnte sie den Betrieb aufnehmen. Die Volière umfasste drei Abteilungen sowie ein Entengehege mit Weiher. Obwohl der öffentliche Park offiziell Lindengutpark heisst, setzte sich durch die Anwesenheit der Volière im Volksmund bald der Name «Vögelipark» durch.
Die ursprüngliche Volière bot zu wenig Flugraum, um der Bevölkerung eine grössere Artenvielfalt zu zeigen. Zudem erfüllte sie bald nicht mehr die geltenden Tierschutzvorgaben.1979 wandte sich die Ornithologische Gesellschaft deshalb erneut an den Stadtrat und bat sie die Anlage zu Erweitern.
Die Umsetzung war anspruchsvoll: Neben neuen Tierschutzvorgaben mussten auch die Anliegen des Denkmalschutzes berücksichtigt werden. 1986 bewilligte der Grosse Gemeinderat einen Erweiterungskredit von 250'000 Franken, dem auch die Bevölkerung zustimmte. Das Projekt umfasste die Vergrösserung der bestehenden Gehege und fünf zusätzliche Flugräume. Auch erhielt die Anlage eine neue Drahtgeflechtbespannung, die bessere Einblicke für Besuchende ermöglichte.
Am 24. Juni 1988, pünktlich zum Auftakt des Albanifestes, konnte der Bauvorsteher Heiri Vogt (SP) die erweiterte Volière an den Stadtpräsidenten Urs Widmer (FDP) und die OGW übergeben. Bis 2005 unterstützte die Stadt die Anlage jährlich mit einem Kulturbeitrag von 34'000 Franken. Danach übernahm die Stadtgärtnerei die Verantwortung.
Vielfältige Herausforderungen
Ab 1961 betreuten Ursula und Karl Heer rund 90 Vögel im Lindengutpark. 1996 gründeten sie die Volièrengesellschaft und trennten sich von der OGW, um sich ganz der Anlage zu widmen.
2004, während eines Ausbruchs der Vogelgrippe in der Schweiz, musste die Volière mit einer Schutzfolie abgedeckt werden, um eine Ansteckung durch Wildvögel zu verhindern. Es gab jedoch auch andere Gefahren: Immer wieder gelangten Marder ins Gehege oder Parkbesuchende warfen Kaugummis und Süssigkeiten hinein. Da die Vögel eine bestimmte Diät einhalten müssen, ist das Füttern verboten. Kaugummis gehören schon gar nicht ins Gehege, da sie die Schnäbel verkleben und zum Erstickungstod führen können.
Als das Ehepaar Heer 2005 aus Altersgründen kürzertreten wollte, fand sich keine direkte Nachfolge, und die Volièrengesellschaft wurde aufgelöst. Schliesslich übernahm die Ornithologische Gesellschaft erneut die Betreuung. Heute leben im Lindengutpark 25 bis 30 Vogelarten aus aller Welt – ein bewusster Kontrast zu den Vogelschutzvereinen, die sich auf einheimische Arten konzentrieren.
Private retten die Volière
Im Jahr 2015 drohte der Stadtvolière das Aus, als die Stadt Winterthur im Rahmen einer Sparrunde die jährlichen Beiträge strich. Um die Schliessung abzuwenden, gründete die PR-Beraterin und FDP-Politikerin Romana Heuberger den Verein «Pro Volière Lindengut» und suchte 350 Mitglieder, die den Verein über fünf Jahre mit jährlich 100 Franken unterstützen. Die Kampagne war erfolgreich. Seither finanziert sich die Volière über Mitgliederbeiträge und Spenden, während die Stadt die Infrastruktur kostenlos zur Verfügung stellt.
Benutzte und weiterführende Literatur
Archivalien
Hochbauamt, Volière, Stadtarchiv Winterthur (Signatur A40/114.8)
Hochbauamt, Volière, Stadtarchiv Winterthur (Signatur A40/114.10)
Literatur
Gmür, Martin: Ein Verein sorgt dafür, dass der Vögelipark auch in Zukunft zu Recht so heisst, in: Der Landbote, 30.06.2015.
Graf, Michael: Die Vögel verschwinden aus dem Lindengutpark, in: Der Landbote, 14.03.2015.
Abt, Ueli: Exoten aus aller Welt im Villengarten, in: Der Landbote, 18.10.2007.
Ip.: Unaufdringliche Architektur, in: Neue Zürcher Nachrichten, 08.07.1988.
o.A: Neue Flugräume im Lindengut, in: Neue Zürcher Nachrichten, 26.11.1987.
- Autor/In:
- Nadia Pettannice
- Letzte
- Bearbeitung:
- 26.04.2025