Kunst und Kultur

Die drei Stadtheiligen und Schutzpatrone von Winterthur

St. Alban, St. Laurentius und St. Pankratius

St. Alban, St. Pankratius und St. Laurentius sind die drei Schutzheiligen der Stadt Winterthur. St. Pankratius ist auch Patron der Winterthurer Stadtkirche. Die drei sind auf einem Gemälde aus dem Jahre 1490 an der Decke der Sakristei im Brustbild dargestellt. Das Albanifest hat seinen Namen vom Heiligen St. Alban (Albanus) her.


Nach der überstandenen Belagerung durch die Eidgenossen beschlossen die Winterthurer Räte, dass vortan die Namenstage der drei Schutzpatrone St. Laurentius, St. Alban und St. Pankratius jedes Jahr besonders gefeiert werden sollen. Daraufhin wurden die drei Heiligen in der Sakristei der Stadtkirche als Wandgemälde verewigt. Aufnahme um 1920.
Foto: winbib (Signatur 021336_O)

Selbstbewusste Städte und ihre Heiligen

Die Verehrung bestimmter Heiliger als Stadtheilige ist ein Ausdruck des wachsenden Selbstbewusstseins der seit dem 12. Jahrhundert aufstrebenden Städte.  In Winterthur wurden drei Märtyrer zu Stadtheiligen erhoben, nämlich St. Alban, St. Laurentius und St. Pankratius.

Im Gegensatz zu Zürich, das mit Felix und Regula zwei Heilige verehren, deren Martyrium sich auch vor Ort abgespielt hatte, haben die drei Winterthurer Stadtheilige nur indirekte Bezüge zur Stadt selbst. Besonders an die drei Schutzpatrone erinnert hat die Stadt im Jahr 1460: Damals hatte Winterthur gerade die Belagerung durch die Eidgenossen überstanden und so beschlossen die Räte von Winterthur, dass fortan die Namenstage der drei Schutzpatrone Laurentius, Pankratius und Albanus ewig in besonderer Weise in der Stadt gefeiert werden sollen. In diesem Zusammenhang wurden auch die Bildnisse aller drei Schutzpatrone an den Wänden der Sakristei in der Stadtkirche angebracht. Während die heiligen Laurentius und Pankratius im Verlauf der Zeit für die Stadt an Bedeutung verloren, gewann der Heilige St. Alban aufgrund des seit 1971 wiedereingeführten Albanifestes erneut an Bekanntheit. Er ziert das offizielle Logo des Festes. 

St. Alban (Albanus) und das Winterthurer Stadtrecht

Weil der Stadtrechtsbrief am 22. Juni 1264 und damit am St. Albanstag ausgestellt wurde, erklärte Winterthur den Heiligen St. Alban von England in der Folge zu ihrem Schutzpatron. Er ist nicht zu verwechseln mit dem Heiligen St. Alban von Mainz.  

Alban (auch Albanus) gilt als der erste christliche Märtyrer Britanniens. Der Überlieferung zu Folge soll Alban um 304 herum gelebt haben. Er diente als Soldat in der römischen Armee und konvertierte dann zum Christentum. Dabei gewährte er seinem Taufpriester namens Amphibalus, der von den Römern verfolgt wurde, zeitweise Unterschlupf in seinem Haus. Als die Soldaten dieses durchsuchten, legte Alban die Kleider des Priesters an und wurde an dessen Stelle gefangengenommen, gefoltert und enthauptet. Danach soll er mit dem Kopf in seinen Händen an jene Stelle gewandert sein, wo er beerdigt werden wollte.

Aufgrund dieser Heiligenvita wird St. Alban in der Ikonographie mit seinem abgeschlagenen Kopf in den Händen und in ein Priestergewand gekleidet, dargestellt. St. Alban ist auch der Namensgeber für das Albanifest, das traditionell am 22. Juni stattfindet und mit dem Winterthur immer noch ihr Stadtrecht feiert.

St. Laurentius gibt Rätsel auf

Der heilige Laurentius war bis zur Reformation namensgebend für die Stadtkirche. Der Name verweist wahrscheinlich auf die Nahe bei Rom gelegene Stadt Laurentum. Der Überlieferung nach verwaltete Laurentius als Archidiakon von Rom das örtliche Kirchenvermögen und verteilte Teile davon als milde Gaben für Arme und Kranke. Nachdem Kaiser Valerian den damaligen Papst Sixtus II im Jahr 258 wegen Häresie hinrichten liess, wurde auch Laurentius gefangengesetzt, ausgepeitscht und aufgefordert den Kirchenschatz freizugeben. Dieser verteilte darauf das ganze Geld in der Gemeinde, versammelte eine Schar von Armen, Kranken, körperlich beeinträchtigte Menschen sowie Witwen und Waisen, und präsentierte diese vor dem Kaiser als «wahren Schatz der Kirche».

Laurentius wurde darauf gefoltert und auf einem glühenden Eisenrost hingerichtet. Aufgrund dieses Martyriums wird St. Laurentius jeweils in der Ikonographie mit einem Eisenrost dargestellt. Zusätzliche Attribute von St. Laurentius sind die Märtyrerpalme, das Evangelienbuch, Brot und Geldbeutel. Der Heilige wurde im Mittelalter von vielen Berufsgruppen als Schutzpatron verehrt, darunter Archivare, Bibliothekare, Bierbrauer, Köche, Bäcker und Textilreiniger.  

St. Laurentius galt schon im Frühmittelalter als ein bedeutender Heiliger und wurde in vielen Orten in Europa verehrt. Im 11. und 12. Jahrhundert verfügten rund 20 Kirchen im Bistum Konstanz über Laurentiusreliquien. Wann genau die Stadtkirche zu ihrem Laurentius-Patrozinium kam, ist nicht überliefert. In der jüngeren Forschung wird allerdings aufgrund fehlender Verweise und Nennungen in den überlieferten Schriftquellen davon ausgegangen, dass die Laurentiusverehrung in der Stadtkirche vergleichsweise jung ist und erst im 14. Jahrhundert einsetzte. Dadurch ergibt sich allerdings die Frage, wem die bis ins 8. Jahrhundert zurückgehende Stadtkirche davor gewidmet war. Möglich ist beispielsweise der in der Region sehr verbreitete heilige St. Nikolaus oder sogar eine Kirche ohne namensgebenden Patron.  

St. Pankratius – der Eisheilige

Der heilige Pankratius soll nach der Überlieferung  um 290 bis 304 gelebt haben. Pankratius soll der Sohn eines wohlhabenden Phrygiers gewesen sein. Laut der Legende starben seine Eltern früh und so wurde der 14-Jährige Pankratius zu seinem Onkel nach Rom gebracht. Dort wurde er aufgrund seines christlichen Glaubens von Kaiser Diokletian enthauptet. Sein Namenstag ist der 12. Mai.


In der Ikonographie wird der Heilige oft in römischer Kleidung und mit einem silbernen Schwert dargestellt. Pankratius ist einer der fünf Eisheiligen. Diese genossen vor allem in der landwirtschaftlich tätigen Bevölkerung eine hohe Verehrung, denn sie sollten die Felder und bevorstehende Ernte vor den gefürchteten Maifrösten schützen. Es existieren mehrere Bauernregeln, die sich direkt auf Pankratius beziehen. Im 13. Jahrhundert war der grösste Teil rund um Winterthur landwirtschaftlich geprägt. Die Weinbauern und Landwirte bildeten damals eine einflussreiche Zunftvereinigung in der Stadt und dürften wohl an der Erhebung von Pankratius zum Stadtheiligen beteiligt gewesen sein.


Benutzte und weiterführende Literatur

Illi, Martin: Die Geschichte der Stadtkirche anhand der Hoch- und Spätmittelalterlichen Schriftquellen, in: Carola Jäggi, Hans-Rudolf Meier, Renata Windler et.al. (Hg): Die Stadtkirche St. Laurentius in Winterthur. Ergebnisse der archäologischen und historischen Forschungen, Zürich 1993 (Zürcher Denkmalpflege. Archäologische Monographien 14), S. 124.
Ganz, Werner: Winterthur. Einführung in seine Geschichte von den Anfängen bis 1798, Winterthur, 1960 (Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Winterthur Bd. 292.).
Hauser, Kaspar: Die Wappen in der Sakristei der Stadtkirche in Winterthur 1493, in: Schweizer Archiv für Heraldik, 1912, S. 11–22. (Online via e-periodica.ch)

Bibliografie


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
16.10.2023