Wissenschaft

Walter Robert Corti

Philosoph und Publizist, Gründer des Kinderdorfes Pestalozzi in Trogen, 1910–1999

Walter Robert Corti (1910–1990) war ein Schweizer Philosoph, Publizist und Gründer des Kinderdorfes Pestalozzi in Trogen (AR). Ab 1964 lebte er bis zu seinem Tod in Winterthur in der Villa Kareol, die er zu einem philosophischen und wissenschaftlichen Treffpunkt machte.


Geburtsort
Dübendorf

Geboren
11.09.1910

Gestorben
12.01.1990


Portrait von Walter Robert Corti, Datierung unbekannt
Foto: winbib (Signatur 170932)

Kindheit, Jugendjahre und Ausbildung

Walter Robert Corti wurde am 11. September 1910 in Dübendorf geboren. Sein Grossvater Giovanni Giuseppe Corti (1836 in Stabio–1896 in Winterthur), ursprünglich Tessiner, erhielt 1882 das Winterthurer Bürgerrecht und gründete das Baugeschäft Corti & Cie. AG. Der Vater Arnold Corti (1873 in Winterthur–1932 in Zürich) arbeitete als Chemiker und weckte schon früh das naturwissenschaftliche Interesse und den Forscherdrang seines Sohnes. Auch mit philosophischen und religiösen Fragen beschäftigte Corti sich bereits als Mittelschüler und verfasste Aufsätze und Vorträge darüber.

Nach Abschluss der Matura 1930 studierte Corti Medizin an der Universität Zürich, mit Auslandssemestern in Wien, Berlin, Hamburg und Frankfurt a.M. 1937 musste er sein Studium kurz vor dem Staatsexamen unterbrechen, da er an Lungentuberkulose erkrankt war. Die kommenden Jahre verbrachte er in verschiedenen Sanatorien. Seinen Plan, Hirnforscher zu werden, musste er schliesslich ganz aufgeben.

Gründung des Kinderdorfes Pestalozzi

Nachdem sich Cortis Gesundheitszustand gebessert hatte, ergaben sich statt der angestrebten akademischen Laufbahn neue berufliche Möglichkeiten. Erstmals aufgefallen ist er der intellektuellen Öffentlichkeit 1940 mit seinem Wettbewerbsaufsatz «ratio militans» für die «Schweizerische Hochschulzeitung» zum Thema «Krieg in Europa». Er gewann den ersten Preis. 1942 erhielt er eine Stelle als Redaktor bei der Monatszeitschrift «Du», die er während 15 Jahren mitgeprägt hatte. 1944 veröffentlichte er in derselben einen Artikel, in dem er die Idee eines Dorfes für notleidende Kriegskinder lancierte. Dieser Anstoss hatte grossen Erfolg. Von überall erhielt Corti Zustimmung und Unterstützung, so dass ab 1946 in Trogen (AR) das Kinderdorf Pestalozzi realisiert werden konnte.

Schweizer Radio und Fernsehen (SRF): 20 Jahre Pestalozzi Dorf, Sendung Antenne, 09.05.1966

Die Villa Kareol in Winterthur als philosophischer Treffpunkt

Ab 1950 widmete sich Corti wieder der philosophischen Arbeit, die ihn zeitlebens beschäftigte. Er verfolgte die Einrichtung einer internationalen Gelehrtensiedlung, einer Akademie für ethische Forschung. Gleichzeitig baute er zu diesem Zweck ein «Archiv für genetische Philosophie» auf. Die Anfänge der Forschungsbibliothek gingen auf seine Studienzeit zurück und schliesslich bestand sie aus über 30'000 Bänden sowie naturwissenschaftlichen Sammlungen.

Als Anfang für die geplante Akademie sowie als Wohnhaus stellte ihm Peter Reinhart 1963 die Villa Kareol an der Römerstrasse 29 in Winterthur zur Verfügung. Zuvor hatte dort der Dichter Hans Reinhart gewohnt. 1964 übersiedelte Corti mit seiner Frau Anuti Bonzo-Corti und den vier Kindern nach Winterthur.

Mehrere Realisierungsversuche der Akademie scheiterten später zwar, die Villa in Winterthur blieb bis zu seinem Tod am 12. Januar 1990 eine Stätte des philosophischen Austausches. Die Räumlichkeiten boten ausreichend Platz für das Archiv sowie für Tagungen und Seminare. Zahlreiche nationale und internationale Gäste empfing Corti in der ehemaligen Reinhart-Villa für Gespräche und Vorträge.

Walter Robert Cortis Nachlass

Das «Archiv für genetische Philosophie» befindet sich im Ethik-Zentrum der Universität Zürich. Der Nachlass von Walter Robert Corti befindet sich in der Zentralbibliothek Zürich. In der Sammlung Winterthur befinden sich Briefe von und an Walter Robert Corti.


Benutzte und weiterführende Literatur

Furrer, Dieter: Ein Friedenssucher und Zeichengeber, in: Der Landbote, 09.11.1996, S. 27.
Hoster, Alex: Der Suchende, der ein Kinderdorf fand, in: Der Landbote, 11.09.2010, S. 14.
Schmidlin, Guido: Walter Robert Corti. Der Gründer des Kinderdorfes Pestalozzi in Trogen, Zürich 1996.

Bibliografie

    Corti, Walter Robert, 1910-1990, Philosoph, Gründer des Kinderdorf Pestalozzi

    • Einträge ab 2011

      Huber, Gerold: Dienen ein Leben lang. Das Kinderdorf Pestalozzi und die Frau des Gründers Walter Robert Corti. In: Winterthurer Zeitung, Nr. 14, Jg. 12 (2013). m.Abb.
      Widmer, Urs: Walter Robert Corti (1910-1990). In: Dokumentation Urs Widmer, Personen A-Z 4 S.

      Einträge 1991–2010

      Arbeitsblätter für ethische Forschung 1990/23 von Helmut Holzhey.
      W.R.C.: Freundschaft, Zeitung des Kinderdorfes Pestalozzi 1990/119.
      Abkehr vom Uneigentlichen, verspätete Annäherung an W. R. C.: Du 1991/3 Sondernummer Hommage à Arnold Kübler, von Marco Meier, m.Abb.
      In: Quadri, Bruno und Max Bandle. Biografie einer Schule...ein Kapitel Zürcher Schulgeschichte (1832-1992). Zürich, 1992. S.147 f. 1Abb.
      Archiv für genetische Philosophie, Bibliothek Corti, an Universität Zürich: Zürcher Amtsblatt 1996 S.944.
      Gründer des Kinderdorfes Pestalozzi, Trogen: Landbote 1996/261 von Dieter Furrer, m.Abb.
      Gedenkfeier: Landbote 2000/13.
      Gesammelte Schriften: Landbote 2002/227 von Peter Jankovsky.
      Gattin Anuti Corti: Landbote 2006/98 von Nico Renner, 1Abb.
      In: Marie Meierhofer 1909-1998 : ein Leben im Dienst der Kinder/ von Marco Hüttenmoser und Sabine Kleiner. Baden : VerlagHier und Jetzt, 2009. 335 S. : Ill.
      100. Geburtstag: Landbote 2010/86 Kinder-Wettbewerb


Autor/In:
Angelina Immoos
Letzte
Bearbeitung:
22.07.2022