Politik

Hans Widmer

Arzt, Stadtpräsident (DP), 1889–1939

Hans Widmer war Mediziner und Gesundheitspolitiker. Seine politische Laufbahn führte ihn durch mehrere Instanzen. Er sass im Grossen Gemeinderat und war von 1930–1939 Stadtpräsident. Ebenso war er Kantons- und Nationalrat. In Winterthur arbeitete er zudem als Schularzt und war Präsident der Ärztegesellschaft. Widmer war zudem Initiant des ersten schweizerischen Berufslagers für arbeitslose Metallarbeiter in der Hard bei Wülflingen.


Geburtsort
Winterthur

Geboren
08.08.1889

Gestorben
21.05.1939


1917: Dr. med. Hans Widmer 1889-1939, Stadtpräsident Foto: winbib, Urheberschaft unbekannt (Signatur 173069)

Kindheit und Jugend

Hans Widmer ist 1889 in Töss geboren und aufgewachsen. Seine Mutter war Maria Sieber und sein Vater Franz Widmer, der in Töss eine Arztpraxis führte. Hans Widmer besuchte die Kantonsschule in Winterthur, wo er der Studentenverbindung Vitoduriana beitrat. Nach der Matura absolvierte er von 1910–1916 an den Universitäten Zürich, Heidelberg und Berlin sein Medizinstudium.

Nach dem Studium arbeitete er als Assistenzarzt 1915 zuerst in Zürich und dann von Dezember 1915 bis Mai 1917 im Kantonsspital Winterthur. In dieser Zeit erfolgte auch seine Promovierung. Nach der Heirat mit Hanna Schoellhorn im Sommer 1917 begann er im Oktober 1917 seine zweite Assistenzzeit in Lausanne, die er aber bereits im April 1918 wegen der Krankheit seines Vaters abbrach. Nach der Mitarbeit in dessen Praxis in Töss übernahm er diese definitiv per 1. Juli 1919 und führte sie bis 1930 weiter.

Als Arzt, der in einer Arbeitergemeinde tätig war, wurde Hans Widmer regelmässig mit den dort herrschenden Problemen und Nöten konfrontiert.

Politisches Engagement

Hans Widmer engagierte sich in der Folge im Ferienkolonieverein und der Gemeindestube Töss. Ebenfalls trat er in die Demokratischen Partei (DP) ein und sass von 1925–1930 im Grossen Gemeinderat. 1928 wurde er zudem Präsident der Kantonalpartei. 1930 wurde Widmer als Nachfolger von Hans Sträuli zum Stadtpräsidenten gewählt und übernahm das Gesundheitsamt. Widmer führte die Stadt während der Weltwirtschaftskrise und zeigte, dass er stets ein offenes Ohr für die Sorgen der Bevölkerung hatte. So bot er im Stadthaus wöchentlich eine Sprechstunde an, die rege genutzt wurde. Arbeitslosigkeit war ein drängendes Problem. Hans Widmer setzte sich für Arbeitsbeschaffungsprogramm ein und initiierte das Berufslager für arbeitslose Metallarbeiter in der Hard.

1932 wurde Widmer in den Zürcher Kantonsrat gewählt und 1935 in den Nationalrat. Dort engagierte er sich vor allem sozial- und wirtschaftspolitisch und engagierte sich u.a. für die Einführung des Arbeitslosengesetzes.

Leiter des Schiedsgerichtes beim Lohnkonflikt in der Metallindustrie

Während der Amtszeit von Hans Widmer drohte ein Lohnkonflikt zwischen der Arbeiterschaft und der Firma Gebrüder Sulzer AG im Jahr 1937 zu eskalieren. Diese Spannungen gefährdeten das kurz zuvor für die gesamte Metallindustrie geschmiedete «Friedensabkommen». Dieses Dokument gilt heute als wichtigste Grundlage für den Arbeiterfrieden in der Schweiz. Zur Bewältigung des Konfliktes schlug die Arbeiterschaft die Einberufung eines Schiedsgerichtes vor. Auf Anfrage des Schweizerischen Metall- und Uhrenarbeiterverbandes (SMUV) übernahm Hans Widmer die Leitung dieses Schiedsgerichtes und vermittelte zwischen den Konfliktparteien. Dank der Kompromiss- und Dialogbereitschaft beider Seiten konnte eine Einigung erzielt werden.

Im Kultur- und Sportbereich engagiert

Hans Widmer war Vorstandsmitglied im Kunstverein und gehörte als aktiver Turner zum OK des Eidgenössischen Turnfestes von 1936 an, das in Winterthur ausgetragen wurde. Im Alter von 50 Jahren erlag Hans Widmer einer schweren Krankheit.


Benutzte und weiterführende Literatur:

Nekrolog: Zum Andenken an Dr. med. Hans Widmer-Schoellhorn 1889–1939, Stadtpräsident und Nationalrat in Winterthur, Winterthur 1939.
Schaufelberger, Hans: Die Stadt Winterthur im 20. Jahrhundert, Winterthur 1991, S. 255–256.

Bibliografie

    Widmer, Hans, 1889-1939, Dr. med., Stadtpräsident

    • Einträge 1991–2010

      In: Hans Schaufelberger. Die Stadt Winterthur im 20. Jh., 1991, S. 254-256, 1Abb.
      Tössemer 1992/3 von Henry Müller, 1Abb.
      Zürcher Chronik 2000/4 von Urs Widmer, 1Abb.
      Landbote 2003/46 1Abb.
      Pettannice, Nadia: Der Lichtfreund beim Stadtpräsidenten. In: De Tössemer, September (2022). S. 14. m.Abb.


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
19.08.2022