Siedlungen

Siedlung Schooren (ehemals Arbeitersiedlung Hegmatten)

Oberwinterthur

Im Auftrag der Stiftung für Kleinsiedlungen baute der Winterthurer Architekt Hermann Siegrist 1939-1940 die Arbeitersiedlung Hegmatten. Inmitten von offenem Wiesenland am Eichwaldgraben und am Waldrand nördlich der Frauenfelderstrasse entstanden in Oberwinterthur 18 eingeschossige Pultdachhäuser. 2013-2016 wurde die in die Jahre gekommene Siedlung abgerissen und durch die neugebaute Siedlung Schooren ersetzt.


Blick vom Lindberg auf Oberwinterthur. Im Vordergrund die Stadlerstrasse, in der Mitte die Pfaffenwiesenstrasse und hinten links die Schoorenstrasse mit den Pultdachhäusern der Arbeitersiedlung Hegmatten, 1951.
Foto: winbib, Verlag: Rudolf Suter ( -1988), Oberrieden (Signatur Oberwinterthur (Quartier) 57_38)

Gründung der Stiftung für Kleinsiedlungen

Auf Initiative des Stadtpräsidenten Hans Widmer gründete man 1935 den Verein «Hilfe für ältere Arbeitsfähige». Dieser gründete 1938 die «Stiftung für Kleinsiedlungen». Die Stiftung hatte den Zweck, eine Siedlung für Arbeiter:innen mit Familien mit geringem Einkommen und Familien, die immer wieder von Arbeitslosigkeit betroffen waren, zu bauen. Auf der Suche nach einem geeigneten Stück Land wurde die Stiftung in Oberwinterthur fündig. Dort konnte sie im Gebiet Schooren von der Stadt Winterthur  18'790 m² Land erwerben. Zusätzlich verpachtete die Stadt Winterthur der Stiftung ein grosses Stück Land östlich des Riedbachs damit die Bewohner:innen dort Gemüse und Obst anbauen und Tiere halten konnten. Vorgesehen war, dass sich die Bewohner:innen bei längerer Arbeitslosigkeit selbst versorgen und ohne Unterstützung auskommen.

Bau der Arbeitersiedlung Hegmatten am Schoorenweg

Der Bau die Arbeitersiedlung Hegmatten, der ganz im Zeichen der damaligen Wirtschaftskrise stand, wurde vom Winterthurer Architekten Hermann Siegrist ausgerichtet. Dieser gewann mit seinen 18 kleinen Pultdachhäusern im Stil des Neuen Bauens, den für den Bau der Siedlung ausgerichteten Architektur-Wettbewerb. Im November 1938 konnten die Bauarbeiten inmitten des offenen Wiesenlandes beginnen. Bereits im Juli 1939 waren alle Häuser fertiggestellt und zum Einzug bereit. Die Gesamtkosten für den Bau der 18 Pultdachhäuser beliefen sich auf 365'000 Franken. 100'000 Franken stammten aus Subventionen von Bund, Kanton und Stadt Winterthur. 72'000 Franken kamen vom Verein «Hilfe für ältere Arbeitsfähige» aus den ARBA-Lotterie-Geldern. Der Rest wurde mit Hypotheken der Zürcher Kantonalbank (ZKB) und des Vereins finanziert. 

Eingeschossige Häuser mit grossem Garten

Um den Haushalt wegen der intensiven Gartennutzung rationeller gestalten zu können, verzichtete Architekt Hermann Siegrist auf ein Obergeschoss und entschied sich eingeschossige Häuser zu bauen.  Der Grundriss war einfach: Küche und Stube waren auf der einen Seite, die drei Schlafzimmer für Eltern und Kinder auf der anderen Seite des Gangs. Eine Waschküche im Schopf, ein Keller und eine Winde schufen zusätzlich Raum. Da nicht viel Geld vorhanden war, mussten die Häuser kostengünstig eingerichtet werden. Die Küche war mit einem Holzherd ausgestattet. Die Stube wurde mit einem Kachelofen beheizt, der von der Küche aus eingefeuert wurde. In der Waschküche gab es einen Waschtrog, später eine Dampfwaschmaschine und eine Badewanne sowie ein Torfmull-Klosett, das regelmässig von den Mieter:innen geleert werden musste. Die Häuser waren für zwei Erwachsene mit drei Kindern konzipiert und kosteten im Jahr 720 Franken. Zu Beginn lebten 90 Personen in den 18 Häusern. Sie waren im Vorfeld gründlich auf ihre Eignung als Mieter:innen und Selbstversorger:innen geprüft worden.

Erneuerungen und Umbauten

1948 zog die Stiftung kurzzeitig in Erwägung, die Häuser zu verkaufen. Da sich Subventionsgeber und Stiftungsrat jedoch nicht auf einen Preis einigen konnten, blieben die Häuser als Mietobjekte im Besitz der Stiftung. In den ersten drei Jahrzehnten nach dem Bau blieb die Siedlung im Wesentlichen unverändert bis 1967  alle WCs an die Kanalisation angeschlossen wurden. 1968 wurde im Schopf ein Badezimmer eingebaut und 1971 folgte der Einbau von Gasheizungen. Ab 1990 wurden die Häuser schrittweise für insgesamt 3,2 Millionen Franken saniert. Es wurden neue Badezimmer und Küchen eingebaut, die Elektroinstallationen, Heizungssysteme und Böden erneuert. Viele Mieter:innen bauten zudem den Schopf zum Bastel- und Wohnraum aus. Dieser wurde meist nicht mehr als Hühner- oder Kaninchenstall genutzt. Auch der Gemüsegarten verlor im Laufe der Jahre an Bedeutung und wurde von den Mieter:innen neu als Spielwiese oder Sitzplatz genutzt. 1999 folgte die Aussenisolation.

Abriss und Neubau

Trotz einiger Renovationen befand die Stiftung für Kleinsiedlungen 2007 die Bauqualität der Häuser aus den Jahren 1938/39 für ungenügend und kam zum Schluss, dass die Siedlung, wenn sie längerfristig bestehen bleiben sollte, sich mit vernünftigem Aufwand nicht wieder instand stellen liesse. Sie beschloss die Häuser abzureissen und durch einen Neubau zu ersetzen. Die Stadt sicherte der Stiftung in einem Vorentscheid 2009 zu, dass sie 9 der 18 Häuser abreissen könne. Der Heimatschutz Winterthur und auch ein Teil der Bewohner:innen lehnten den Abriss ab. Für sie war die Siedlung ein wichtiger Zeuge der «neuen Bauperiode im Zweiten Weltkrieg» und ein schöner Ort zum Leben. Der Heimatschutz strebte die Aufnahme der Häuser ins Inventar der schutzwürdigen Bauten an. Schliesslich erlaubte die Stadt Winterthur den Abriss der Häuser. Etappenweise wurden die Häuser von 2011-2015 durch insgesamt 37 Reiheneinfamilienhäuser ersetzt: 21 Häuser mit 4 ½ Zimmern und 16 Häuser mit 5 ½ Zimmern. Die erste Hälfte der Häuser konnte im Frühjahr 2012 bezogen werden. Der Bezug der hinteren Ersatzbauten wurde 2013 möglich. In der ersten Jahreshälfte 2016 waren dann sämtliche Bauarbeiten beendet. Bedingung für den Mietvertrag war, dass die Mieter:innen zwei Kinder haben und das Haus verlassen, wenn das jüngste Kind 23 Jahre alt ist. 27 Familien mit 88 Kindern wohnten 2016 in der neuen Siedlung.


Benutzte und weiterführende Literatur

Baumann, Walter: Die Geschichte der Stiftung und Siedlung Schooren - https://www.kleinsiedlungen.ch/fileadmin/user_upload/Broschuere_Schoorensiedlung.pdf
Müller, Werni: Siedlung im Schooren. Einweihung. In: Oberi Zytig, Nr. 214 (2016). m.Abb.
Bourqui, Jeanne: Wie Oberianer leben «Damals im Schooren …» In: Oberi Zytig, Nr. 207 (2015).
Müller, Werni: Wie Oberianer leben «Die letzte Idylle». In: Oberi Zytig, Nr. 204 (2014). m.Abb.
Die kleinen Häuser haben wenig Chance. In: Der Landbote, 4.3.2010. 
Scheibler, Ulrich: Wakkerpreis-Siedlungen sind in Gefahr. In: Der Landbote, 9.10.2010. 
Keine Gnade für die «Dschibuti»-Häusschen. In: Landbote, 4.8.2010. 
Freuler, Martin: Schooren: Die Stadt widerspricht der Stadt. In: Landbote, 29.10.2010. 
Brühwiler, Gisela: Gelungene Umbauten im Schoorenquartier. In: Oberi Zytig, Nr. 133 (2000).
Mösli, Andreas: Einfach und günstig wohnen: Die renovierten «Storchentruckli» gehören zu den geschützten Siedlungen. In: Tages-Anzeiger, 19.4.2000.
Ketterer, Karl: Stadtrandsiedlungen in Winterthur. In: Wohnen, Band 17, Heft 1, 1942.

Bibliografie

    Schooren, Siedlung, Hegmatten von Architekt Hermann Siegrist für Heimstättengenossenschaft und Stiftung für Kleinsiedlungen

    • Einträge ab 2011

      Überschwemmung 1953. In Oberi Zytig, Nr. 198 (2013), S. 40. m.Abb.
      Müller, Werni: Wie Oberianer leben. "Die letzte Idylle." In: Oberi Zytig, Nr. 204 (2014). S. 24-25. m. Abb.
      Bourqui, Jeanne: Wie Oberianer leben. "Damals im Schooren ...". In: Oberi Zytig, Nr. 207 (2015). S. 28-30. m. Abb.
      Siedlung Schooren. In: Oberi Zityg. Nr. 214 (2016). S. 44-45. m.Abb.
      Grieshaber, Erwin: "Sit achzg Jahr git's s' Quartiär PfaffäwiesäSchoorä." In: Oberi Zytig, Nr. 250 (2023). S. 5. m.Abb.

      Einträge 1991–2010

      Sanierung: NZZ 2000/95 S. 51. - Weinländer Zeitung 2000/49. - Oberi Zytig 2000/133 von Gisela Brühwiler, m.Abb.
      Abbruch? Landbote 2010/52 m.Abb., 56 Wakkerpreis-Siedlungen in Gefahr: Landbote 2010/56 von Ulrich Scheibler, 1Abb.
      Unter Schutz? Landbote 2010/98 m.Abb.
      Abbruch-Bewilligung: Landbote 2010/178 m.Abb.


Autor/In:
Karin Briner
Letzte
Bearbeitung:
05.12.2025