Kirchengebäude

Zwinglikirche

Unterer Deutweg 13

Die Zwinglikirche wurde 1940 durch Architekt Jakob Wildermuth im Baustil der Moderne errichtet. Erst 1963 wurde die Kirchgemeinde Mattenbach selbständig, davor gehörte sie zur Stadtkirche.


Baujahr
1940

Erweiterung
1961


Adresse
Zwinglikirche
Unterer Deutweg 13
8400 Winterthur
Die Zwinglikirche erhielt bald den Spitznamen «Hochzeitkirche». Viele junge Paare und Familien zogen in den 1950er-Jahren ins umliegende Quartier und belebten die Kirchgemeinde. 
Foto: winbib, Photoglob AG (Signatur: Zwinglikirche_7_6)

Grosswinterthur braucht Kirchen

Viele reformierte Kirchen in Winterthur wurden im 20. Jahrhundert gebaut, darunter auch die Zwinglikirche im Mattenbachquartier. Im Zuge der Eingemeindung von 1922 gingen die einstigen Dörfer in «Grosswinterthur» auf. Die ursprünglichen Kirchgemeinden blieben dabei erhalten, erst 1931 wurde mit dem «Evangelisch-Reformierten Kirchgemeindeverband Winterthur» ein Dachverband gegründet, der eine gesamtstädtische Kirchenplanung möglich machte. Die Grossstadt mit ihren neu entstandenen Aussenquartieren stellte eine Herausforderung für die Zentralkirchenpflege und die einzelnen Gemeinden. Man fürchtete, dass sich die Bevölkerung in der anonymer werdenden Stadt langsam von der Kirche entfremdet.

Missionieren im eigenen Land

1928 setzte sich die Ansicht durch, dass sich die Kirche wieder vermehrt auf die Menschen zubewegen musste. In diesem Kontext erwuchs die Idee im Aussenquartier Mattenbach eine «Missionskirche» zu errichten, womit die lokale Bevölkerung wieder zurück in die Kirche geholt werden sollte. Es begann die Suche nach einem geeigneten Bauplatz. Zur Sprache standen die beiden Quartiere Tössfeld und Deutweg. Da jedoch im Tössfeld ein Bierdepot geplant wurde, schwand die Begeisterung schnell und man fokussierte sich auf den Standort Deutweg. 1931 kaufte die Kirchgemeinde eine 3000 Quadratmeter grosse Parzelle «Talgut» von den Gebrüdern Koblet. Weshalb die Kirche dem Zürcher Reformator Huldrych Zwingli gewidmet wurde, ist nicht abschliessend belegt. Die Protokolle der Kirchgemeinde schweigen sich darüber aus. Möglicherweise stand die Namensvergabe im Zusammenhang mit dem 400. Todestages des Reformators am 11. Oktober 1931.

Die Ausarbeitung eines konkreten Bauprojekts zog sich allerdings in die Länge. Nicht zuletzt auch, weil im Kontext der Weltwirtschaftskrise keine grösseren Würfe mehr möglich waren. Ausserdem war lange nicht klar, in welchem Verhältnis der neue Kirchenbau zur Stadtkirche stehen soll. Massgeblich an der Umsetzung beteiligt war der Architekt und Technikumlehrer Walter Müller, der zwischen 1934 und 1946 gleichzeitig Präsident der Baukommission und der Kirchengemeinde war.

Nach längerem hin und her fiel 1935 der definitive Entscheid eine kleine Kirche zu bauen, die in einem Filialverhältnis zur Stadtkirche stand.

Lieber nicht «zu» modern bauen

Im Zuge der Wettbewerbsausschreibung stellte sich schnell heraus, dass die Kirchgemeindemitglieder eine skeptische Einstellung gegenüber moderner Architektur einnahmen. Im Zentrum sollten der Heimatschutz und die Bodenständigkeit stehen. Ausserdem war es eine Voraussetzung, dass ein reformierter Winterthurer Architekt mit der Bauausführung betraut wurde. 41 Projekte gingen ein. Als Sieger ging Jakob Wildermuth hervor, doch auch er musst sein Projekt mehrmals überarbeiten, bis die strenge Jury überzeugt war. 1938 konnte der Grundstein gelegt werden. Am 7. April 1940 – mitten in den Wirren des Zweiten Weltkrieges – konnte die Kirche eingeweiht werden.

Architektur

Wildermuths Kirchenbau besteht aus einem freistehenden Glockenturm, einer Saalkirche, dem eine kleine Vorhalle vorgeschaltet ist, auf der eine kleine Empore ruht, einem Kirchgemeindesaal und einem Pfarrhaus. Der Bau ist ganz der Moderne verpflichtet und setzt auf Betonbauweise und den gezielten Einsatz von Holzelementen. Die Kirche war ursprünglich für 600 Personen ausgelegt. Die Kirchgemiende verzichtete bewusst auf einen Kirchenchor, um damit die Verbundenheit mit der Stadtkirche zum Ausdruck zu bringen. Schon bald reichte der Platz jedoch nicht mehr aus. Die Gottesdienste mussten daher zeitweise doppelt durchgeführt und auf die Nebenräume ausgelagert werden. Aus diesem Grund wurde die Anlage 1961 durch einen neuen Trakt erweitert. Eine Besonderheit stellt der Kirchenturm mit seinen vier Glocken dar, es handelt sich dabei um den ersten freistehenden modernen Kirchenturm in der Schweiz. Die Verbindung zu den anderen Gebäuden wir durch eine Wandelhalle hergestellt.

Kirchenschmuck

Mit der Gestaltung des Hauptportals wurde 1940 der bekannte Zürcher Bildhauer Otto Charles Bänninger (1897–1973) beauftragt. Er realisierte – zum Leidwesen von Architekt Wildermuth, der lieber eine schlichte Holztüre verbaut hätte – bronzene Türflügel, die er mit den Reliefs der beiden Evangelisten Matthäus und Johannes verzierte, womit der Eingang einen monumentalen Charakter erhielt. Hinzu kam 1942 die Statue «sinnendes Mädchen» des in Ascona wirkenden Bildhauers Werner Müller. Die Figur wurde jedoch später nach Oberwinterthur versetzt. Weiter verfügte die Zwinglikirche ursprünglich über einen steinernen Taufstein mit einer kunstvoll gestalteten Taube von Rudolf Wening.

Eine etwas turbulente Geschichte verbirgt sich hinter den Glasfenstern. Die Kirchengemeinde hatte bereits 1939 einen entsprechenden Wettbewerb ausgeschrieben, zeigte sich dann aber im Nachgang enttäuscht von den fünf eingegangenen Einsendungen. Am besten schnitt dabei der Glasmaler Louis Moilliet ab. Obwohl die strenge Jury nicht restlos überzeugt war, schlug sie die Zusammenarbeit mit dem Künstler vor, der 1941 die ersten Musterfenster lieferte. Moilliet setzte auf kräftige Farben, was der Baukommission allerdings gar nicht gefiel und auf heftige Kritik stiess. 1942 präsentierte er deshalb eine überarbeitete Version mit deutlich zurückhaltender Farbgebung. Nach einigem hin und her waren bis 1944 schliesslich alle Fenster eingesetzt.

Sorge um die Jugend

Am 7. April 1940 wurde die Zwinglikirche eingeweiht. Die beiden Pfarrer machten sich daran, die neue Gemeinde aufzubauen. Immer wieder zu reden gab die Jugend im Quartier. Mit verstärkter Jugendarbeit, sollten die jungen Menschen auf den richtigen Pfad geführt werden. So gründete die Kirchgemeinde 1941 die Jugendgruppierung «Zwingliana». Das Ziel war es, Glauben und Geselligkeit miteinander zu verbinden.

Auf dem Weg in die Selbständigkeit

Das Mattenbachquartier erlebte nach dem Zweiten Weltkrieg einen regelrechten Bauboom. Viele junge Familien zogen in das Quartier. Die Zwinglikirche wurde in der Folge zu einer beliebten Tauf- und Traukirche, obwohl diese Funktion eigentlich primär der Stadtkirche zugewiesen war. Die Kirchgemeinde wuchs stark an und schon bald waren die verfügbaren Räumlichkeiten nicht mehr ausreichend. 1961 wurde die Anlage deshalb durch Architekt Edwin Bosshardt erweitert. Als auf städtischer Ebene aufgrund des allgemeinen Wachstums die Schul-, Betreibungs- und Friedensrichterkreise neu gezogen wurden, drängte sich auch die Frage einer Verselbständigung der Kirchgemeinde Mattenbach auf, die per 1963 vollzogen wurde. 1988 wurde die Kirche durch den Architekt Peter Schenker renoviert. Dabei wurde unter anderem eine neue Orgel eingebaut, Änderungen am Chor vorgenommen, die fest montierten Sitzbänke entfernt und eine neue Kanzel errichtet. 

Ermöglichungs- und Beteiligungskirche

Die Landeskirche kämpft seit einigen Jahrzehnten mit einem zunehmenden Mitgliederschwund. Um diesem zu Begegnen, schlug die Kirchgemeinde Mattenbach ab 2023 neue Wege ein und positionierte sich neu als Ermöglichungs- und Beteiligungskirche.

Benutzte und weiterführende Literatur:

Von Wartenburg, Deborah: In Mattenbach geben die Pfarrer ihre Macht ab, in: Der Landbote, 09.04.2023.
Niederhäuser, Peter: Von der Mission zur Gemeinde. 75 Jahre Zwinglikirche Winterthur, Zürich 2014.
Brosshard, Gilbert/Oederlin, Daniel:  Zwinglikirche. Zwingliplatz 2, in: Architekturführer Winterthur Bd.2., Zürich 1997, S. 189.
Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Mattenbach: Festschrift zur Gesamtrenovation der Zwinglikirche und zum Bau einer neuen Orgel, Winterthur 1988.
Meyer, Peter: Die Zwingli-Kirche in Winterthur: Architekten J. Wildermuth & E. Bosshardt, Winterthur, in: Schweizerische Bauzeitung 115/116, Heft 25, 1940, S. 290–293. (PDF auf E-Periodica)

Bibliografie

    Zwinglikirche

    • Einträge ab 2011

      Niederhäuser, Peter: Von der Mission zur Gemeinde. 75 Jahre Zwinglikirche Winterthur. Chronos, Zürich, 2014. 87 S., ill.
      Schmid, Janik: Eine neue Kirche für gemeinschaftliche Biodiversität. In: Winterthurer Zeitung, Nr. 37. S. 5. m.Abb.

      Einträge 1991–2010

      Bibellesung in 365 Tagen: Tages-Anzeiger 2000/193


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
04.04.2023