Siedlungen

Wohnüberbauung Tegerlooweg

Tegerlooweg

Die Siedlung Tegerlooweg entstand 1959 auf dem Gebiet es ehemaligen Wiesendanger Rieds. Sie war zu diesem Zeitpunkt das grösste Bauvorhaben der «Gesellschaft für die Erstellung günstiger Wohnhäuser in Winterthur» (GeBW).


Baujahr
1959

Abriss
2025


Die Siedlung Tegerlooweg 8-12 baute die «Gesellschaft für die Erstellung günstiger Wohnhäuser in Winterthur» (GEbW) 1959. Es war zu diesem Zeitpunkt ihr bisher grösstes Bauprojekt, 1972.
Foto: winbib (Signatur 065902)

Bevölkerungszunahme und Wohnungsnot

Vor knapp 150 Jahren gründete die Hülfsgesellschaft Winterthur 1872 zusammen mit Personen aus der Winterthurer Industrie die «Gesellschaft für Erstellung günstiger Wohnhäuser in Winterthur» (GEbW). Die Gründung der Gesellschaft reagierte auf die grosse Bevölkerungszunahme und die damit verbundene Wohnungsnot in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Besonders gesucht waren günstige Wohnungen für Arbeitnehmende. Ab 1872 baute die GEbW in der ganzen Stadt Wohnraum. Unter anderem am Deutweg, im Vogelsang, an der Oberen Schöntalstrasse oder während des Zweiten Weltkrieges die Siedlung Schooren in Oberwinterthur.

Die Wohnblocks am Tegerlooweg

Gleich neben der Siedlung Schooren entstand 1959 die Grossüberbauung am Tegerlooweg. Zu diesem Zeitpunkt war sie das grösste Bauvorhaben der «Gesellschaft für Erstellung günstiger Wohnhäuser» (GEbW). Auf dem 34'000 m² grossen Gebiet des ehemaligen Wiesendanger Rieds baute sie acht viergeschossige Wohnblöcke mit insgesamt 176 Wohnungen. Für den Bau beauftragte die GeBW die Architekten H. Isler und E. Messmer. Das Ziel war, preiswerte Wohnungen ohne Subventionen nach den Richtlinien des sozialen Wohnungsbaus zu erstellen. Dabei sollten die neuesten Erfahrungen und Ansichten im Siedlungsbau einfliessen. Dazu gehörte auch, dass es zwischen den Häusern grosse Grünflächen mit Spielplätzen gab. An der Finanzierung der Wohnungen beteiligten sich in Winterthur ansässige Firmen wie die Firma Sulzer AG. Im Gegenzug erhielten sie ein Mietrecht für ihre Mitarbeitenden zugesichert.

Die Wohnungen und ihre Bewohner:innen

Die Hälfte der Wohnungen, also 88, waren 3-Zimmerwohnungen. Die anderen 88 Wohnungen hatten vier Zimmer. Die Küchen waren mit einem Gasherd und einem Warmwasserboiler ausgestattet, die Bäder mit Gasbadeöfen. Die Mieten betrugen damals für eine 3-Zimmerwohnung 135 Franken und für eine 4-Zimmerwohnung 150 Franken im Monat. Mit 30 Garagen und einer grösseren Anzahl Abstellplätze wurde der beginnenden Motorisierung Rechnung getragen. Die meisten Bewohner:innen waren Mitarbeitende von Sulzer, Geilinger oder Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM). Viele kamen aus Italien, Spanien oder der Türkei. Deshalb bezeichneten einige Personen den Tegerlooweg eine Zeit lang auch als «Istanbulerstrasse». Zur Frauenfelderstrasse hin schützte eine Backsteinmauer die acht Blöcke vor Lärm.

Ort und Erschliessung

Die Wohnblöcke stehen im Gebiet des ehemaligen Wiesendanger Rieds. Noch während des Zweiten Weltkrieges diente der Moorboden des Rieds zur Torfgewinnung. Um den Bau zu realisieren, musste der Boden aufwendig ausgebaggert und mit Kies aufgefüllt werden. Die Häuser kamen dann auf je einer Betonplatte zu stehen. 

Für die Erschliessung des Areals, das sich zwischen der Frauenfelderstrasse, der Schoorenstrasse und der Wallrütstrasse bei der Freizeitanlage Eichwäldli befindet, musste eine neue 225 Meter lange Quartierstrasse, zwei Brücken sowie ein 190 Meter langer Spazierweg erstellt werden.

Flurname Tegerloo

Der Tegerlooweg entstand einzig für die neue Überbauung und bezieht sich auf den Flurnamen nördlich der Stadtgrenze in Wiesendangen. Der Flurname Tägerlen (Dägerloo) setzt sich aus «teger» (gross) und «Loh» zusammen, was Gehölz oder Wald bedeutet.

Eine Sanierung lohnt sich nicht

Für die in die Jahre gekommene Überbauung am Tegerlooweg präsentierten die drei Eigentümer:innen «Aktiengesellschaft für die Erstellung billiger Wohnhäuser in Winterthur (GEbW)», «H. und E. Blatter Immobilienanlagen AG» und «Leemann + Bretscher AG» im Jahr 2021 einen gemeinsamen Gestaltungsplan, welcher den Abriss der Häuser vorsah. Eine Sanierung der Wohnblöcke lohne sich aufgrund des schlechten Zustands der Baustubstanz aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen nicht, da die Häuser in der Nachkriegszeit sehr schnell gebaut worden waren. Im Januar 2021 stimmte die Bevölkerung von Winterthur über das Projekt ab und nahm den Gestaltungsplan mit 62,9 Prozent deutlich an. 

Überbauung Eichwaldhof

Am Ort der Wohnblöcke am Tegerlooweg entsteht nach Abriss die moderne Überbauung Eichwaldhof mit einem renaturierten Bach. Für die Entwicklung des Areals haben sich die drei Grundeigentümer:innen, die Aktiengesellschaft für die Erstellung günstiger Wohnhäuser in Winterthur, die H. und E. Blatter Immobilienanlagen AG sowie die Leemann und Bretscher AG, zusammengeschlossen. Im Zuge des Neubaus wird auch die markante Schallschutzwand aus roten Backsteinen und der Strassenname Tegerloo aufgehoben. 

Abschied vom Tegerloo

Vor dem Abriss wurde im März 2025 eine soziokulturelle Kunstaktion organisiert, wo sich ehemalige Anwohner:innen über ihre Erinnerungen an das Leben am Tegerlooweg austauschten. 


Benutzte und weiterführende Literatur

Naef Binz, Claudia: Ciao Tegerlooweg! In: Winterthurer Zeitung, 20.3.2025.
Gut, Patrick: «Ciao», «Adiós» und «Güle güle» - Abschied von einer Arbeitersiedlung. In: Der Landbote, 24. März 2025.

Naef Binz, Claudia: Warum heisst er Tegerlooweg? In: Winterthurer Zeitung, 27.3.2025.

Hirsekorn, Till: "Wir sind sehr enttäuscht". In: Landbote, 7.3.2021. 

Vogel, Kaspar: 125 Jahre. Gesellschaft für Erstellung billiger Wohnhäuser in Winterthur. Winterthur, 1997.

Wohnkolonie «Tegerlooweg» in Winterthur. In: Wohnen, Band 37, Heft 5 (1962).

Bibliografie

    Tegerlooweg, Wohnhäuser Gebr. Sulzer AG

    • Einträge ab 2011

      Naef Binz, Claudia: Ciao Tegerlooweg! In: Winterthurer Zeitung, Nr. 12 (2025). S. 15. m.Abb.
      Naef Binz, Claudia: Ein Quartier feiert Abschied. In: Winterthurer Zeitung, Nr. 13 (2025). S. 14. m.Abb.
      Oberi aus dem Bildarchiv. In: Oberi Zytig, Nr. 257 (2025). S. 6. m.Abb.
      Ciao Tegerloo. Abschied. In: Oberi Zytig, Nr. 257 (2025). S. 14. m.Abb.

      Einträge 1991–2010

      Landbote 2000/176 1Abb.


Autor/In:
Karin Briner
Letzte
Bearbeitung:
23.05.2025